Krefeld: „La traviata“, Giuseppe Verdi

Nach wie vor zählt Giuseppe Verdis La traviata zu den am häufigsten gespielten Opern auf deutschen Bühnen. Auch in Krefeld ist derzeit eine Produktion zu sehen, die in der vergangenen Spielzeit bereits in Mönchengladbach begeistert aufgenommen wurde. Dennoch überrascht es positiv, dass der Krefelder Theatersaal an einem Tag, an dem kein Abotermin angesetzt ist, bis auf wenige Randplätze komplett gefüllt ist. Hierzu hat sicherlich auch die gelungene Inszenierung von Michiel Dijkema beigetragen, die bereits im vergangenen Jahr ausführlich beim Opernfreund besprochen wurde. Anstatt alles zu wiederholen, sei an dieser Stelle lediglich auf die Kritik zur Aufführung in Mönchengladbach verwiesen.

© Matthias Stutte

Geändert hat sich in Krefeld allerdings die Besetzung der Hauptrolle. Sofia Poulopoulou verkörpert nun Violetta Valéry und überzeugt hierbei mit klarem und sicherem Sopran, mit dem sie alle Töne punktgenau trifft. Hinzu kommt eine überzeugende schauspielerische Leistung, sodass auch in Krefeld der dritte Akt ein besonderes Highlight der Inszenierung ist. Während draußen der Pariser Karneval tobt, nimmt Violetta Abschied vom Leben und sehnt sich, von Fieberträumen geplagt, ihren Geliebten Alfredo herbei. Wie sie am Ende völlig allein stirbt, ohne ihren Alfredo noch einmal sehen zu können, ist von Michiel Dijkema so gut inszeniert, dass man sich diese Inszenierung gerne auch mehrfach anschaut. Auch die weitere Besetzung ist in allen Bereichen überzeugend. Woongyi Lee übernimmt erneut die Rolle des Alfredo Germont, während Johannes Schwärsky wie bereits in Mönchengladbach seinen Vater Giorgio Germont verkörpert. Trotz einer starken Erkältung hielt Schwärsky in der besuchten Vorstellung bis zum Ende des zweiten Akts durch und überzeugte hierbei mit seinem gewohnt starken Gesang. Da allerdings bereits im Vorfeld zu befürchten war, dass seine Stimme an diesem Abend möglicherweise nicht die gesamte Vorstellung durchhalten würde, hatte das Theater vorgesorgt: Zum Ende des zweiten Akts übernahm Rafael Bruck den Gesangspart von der Seitenbühne, während Schwärsky noch szenisch agierte. Da die Rolle des Vaters im dritten Akt durch die Inszenierung bedingt ohnehin aus dem Off gesungen wird, konnte Rafael Bruck auch hier problemlos übernehmen. Für sein kurzfristiges Einspringen wurde er am Ende wie alle weiteren Darsteller mit tosendem Applaus bedacht. Erwähnenswert ist noch die starke Leistung des Opernchores, der von Michael Preiser trefflich einstudiert wurde.

© Matthias Stutte

In der besuchten Vorstellung lag die Leitung der Niederrheinischen Sinfoniker bei Kapellmeister Giovanni Conti, der das Orchester gefühlvoll durch den Abend führte. Dies wurde gleich zu Beginn beim Preludio deutlich, als Conti das Orchester sicher durch die verschiedenen Stimmungen der Oper leitete. Vom gefühlvollen Klang der Geigen über den schwungvollen, fast etwas „verliebten“ Mittelteil bis hin zum vollen Orchesterklang, der unmittelbar in die Feierlichkeiten der Pariser Gesellschaft überleitet. Im Gegensatz zu anderen Opern setzt Verdi hier zu Beginn vor allem auf die richtige Stimmung und weniger auf das Anspielen der großen Hits der Oper – wenngleich das bekannte Trinklied ja ohnehin gleich zu Beginn der Oper erklingt. Empfehlenswert ist im übrigen auch die Einführung durch den jungen Pianisten und Dirigenten Anton Brezinka, der vor jeder Vorstellung vom Klavier aus die Oper vorstellt und hierbei auf die eine oder andere interessante Besonderheit hinweist. So erfährt man beispielsweise, dass im gesamten Verlauf der Oper nur Violetta die Worte „La traviata” benutzt – und das fast am Ende des Stücks. Der Moment, in dem sich die Kurtisane selbst als „die vom Wege Abgekommene” bezeichnet, ist der einzige, in dem diese Worte im Libretto der Oper vorkommen.

© Matthias Stutte

La traviata ist in Krefeld noch dreimal im Dezember 2025 und zweimal im Januar 2026 zu sehen. Allen Opernfreunden, die diese Produktion noch nicht gesehen haben, sei ein Besuch erneut ans Herz gelegt.

Markus Lamers, 13. November 2025


La traviata
Oper in drei Akten von Giuseppe Verdi

Theater Krefeld

Übernahmepremiere: 4. Oktober 2025
besuchte Vorstellung: 9. November 2025

Inszenierung: Michiel Dijkema
Musikalische Leitung: Giovanni Conti
Niederrheinische Sinfoniker

Trailer

Weitere Aufführungen: 7. Dezember, 11. Dezember, 18. Dezember, 9. Januar und 24. Januar