Braunschweig: „Carmen“

Zum Zweiten

Besuchte Vorstellung am 19. August 2018

Alternativ-Besetzung

Lukhanyo Moyaka/Nana Dzidziguri

Auch in der 2. Aufführung am Tag nach der erfolgreichen Premiere war das hohe Tempo bei den teilweise geradezu überbordenden Aktionen aller Darsteller auffällig. Ob dies nun alles sinnfällig und einsichtig war, lasse ich mal dahinstehen; vieles, das inkonsequent und fragwürdig war, muss man wohl dem Konzept des Regisseurs Philipp M. Krenn von den Traumbildern Don Josés zuordnen – denn seit wann laufen Träume konsequent ab? Nun aber zur Alternativbesetzung: Eine Carmen mit starker Ausstrahlung war Nana Dzidziguri, bei deren intensiver Gestaltung ebenfalls deutlich wurde, dass die Zigeunerin jedenfalls in den ersten beiden Akten Don José wahrhaft liebt und sich erst später dem Macho-Gehabe Escamillos – aus welchen Gründen auch immer – nicht entziehen kann. Starken Eindruck hinterließ die georgische Sängerin durch ihren in allen Lagen ausgeglichenen Mezzosopran mit großem Farbreichtum. Als Don José, hier ein möglicherweise von Kriegseinsätzen traumatisierter Soldat, erlebte man mit lebhafter Darstellung Lukhanyo Moyake. Der junge Südafrikaner, der seit Beginn dieser Spielzeit zum Ensemble der Wiener Staatsoper gehört, ließ vor allem in der Mittellage schönes Tenormaterial hören; die Registerübergänge könnten noch reibungsloser ablaufen.

Nana Dzidziguri/Lukhanyo Moyake

Auch Micaela und Escamillo sind doppelt besetzt: Ivi Karnezi war keine mädchenhafte Micaela, sondern wirkte auch durch die gutbürgerliche Kleidung eher damenhaft. Ihr in allen Lagen weich abgerundeter Sopran gefiel im Duett mit José, besonders aber in der großen Arie, bei der sie sich durch den „Stuhlgang“ (Stimme aus dem Publikum mit großem Lacherfolg) in keiner Weise irritieren ließ. Mit seiner stark bassgrundierten Stimme kam David Oštrek mit dem großen Stimmumfang des Escamillo gut zurecht. Martin Gerke ließ in der kleinen Rolle des Morales durch einen klangvollen Bass aufhorchen.

David Ostrek

In den übrigen Partien agierten und sangen die Mitglieder des Braunschweiger Opernensembles auf hohem Niveau. Mit präziser Zeichengebung und flotten Tempi hielt GMD Srba Dinić den ganzen Apparat souverän zusammen.

Das Publikum im ausverkauften Arenarund spendete reichlich Beifall.

Fotos: © Bettina Stoess

Gerhard Eckels 20. August 2018

Weitere Vorstellungen: täglich 21.8. – 5.9.2018 außer 25.+27.8.