Premiere: 15.09.2017, besuchte Vorstellung: 22.09.2017
Am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen wird die Demokratie ernst genommen, daher steht zu Beginn der Spielzeit im kleinen Haus ein ganz besonders Programm auf dem Spielplan, Fifty-Fifty: Die Wunschkonzert-Show. Bei diesem musikalischen Wahlabend bestimmt der Zuschauer mit, was genau die vier Darsteller aus dem Musiktheater-Ensemble auf die Bühne bringen. Das Spektrum ist hierbei breit gefächert, dazu später mehr. Vor ein großes Problem stellt dieser sehr unterhaltsame Abend den Kritiker allerdings, was kann man schreiben, ohne zu viel zu verraten, denn gerade das Überraschungsmoment ist ein durchaus wichtiger Aspekt des Abends. Oftmals wissen die Zuschauer gar nicht über was sie da genau abstimmen. Mögen Sie nun lieber eine „weltbekannte Nummer eines weltbekannten Quartetts“ hören oder doch lieber eine „weltbekannte Nummer eines weltbekannten Duos“. Ein paar vertiefte Kenntnisse über die Geschichte des Eurovision Song Contest vor allem der früheren Jahre mögen an der ein oder anderen Stelle vielleicht helfen, aber wer kennt schon alle Platzierungen der letzten Jahrzehnte auswendig.
Aufgebaut im Format der großen alten Samstag-Abend-Show führt Moderator Carsten Kirchmeier unterhaltsam, charmant und witzig durch den Abend, schließlich sei man für mindestens 120 Minuten „live auf Sendung“ heißt es gleich zu Beginn. Nicht fehlen darf in der Bühneneinrichtung die Promi-Sofa-Ecke und die alte Jukebox. Doch was macht eine Show erst zur echten Show, natürlich die Assistentin, hier Katrin Bewer, die dem Showmaster zur Seite steht und auch bei den verschiedenen Abstimmungen im Publikum ein wachsames Auge auf die ordnungsgemäße Durchführung hat. Gut die Hälft der Beiträge bestimmt wie erwähnt das Publikum, mal demokratisch durch Handzeichen, mal durch Ermittlung eines glücklichen Besuchers durch Ausschlussverfahren, oder auch einfach nur durch Zufall. Auch die gute alte Dalli-Dalli-Tonleiter kommt zum Einsatz, auch wenn es hier scheinbar nicht immer einfach ist, zwei freiwillige Kandidaten im Publikum zu finden, die im Quiz ihr Wissen über die letzten Jahrzehnte TV-Geschichte gegeneinander messen wollen. Dem Gewinner winkt als Belohnung die Auswahl über sein Wuschlied.
Musikalisch trifft bei Fifty-Fifty Green Day auf deutschen Schlager, Musical auf Rock- und Popmusik sowie Country auf Udo Lindenberg und Jan Delay. Auch ABBA, Sting, die Beatles, Elton John und natürlich Udo Jürgens dürfen nicht fehlen, ebenso bekannte Songs aus großen Filmen. Alle Angaben natürlich auf Grund der teilweise unterschiedlichen Ergebnisse der Zuschauer ohne Gewähr. So ist auch jeder Abend stets etwas anders, sicherlich aber immer unterhaltsam. Hierfür sorgen die vier Akteure Christa Platzer, Anke Sieloff, Joachim G. Maaß und Sebastian Schiller. Musikalisch sowieso gut, zeigen sie auch ihre komödiantischen Seiten, z. B. beim Lied „Immer wieder sonntags“. Einen guten Einblick in das, was die Zuschauer erwartet, liefert auch gleich die Opening-Nummer, wo im Rahmensong „Let me entertain you“ auch gleich noch „Ein bisschen Spaß muss sein“, „Diamonds are the girls best friends“, „Ein Student aus Upsalla“ und einiges mehr eingebaut werden. Unterstützt werden die vier Sänger/-innen an jedem Abend von einem besonderen „Special-Guest“ aus dem Theater, bei der besuchten Vorstellung brachte Michael Dahmen den Song „M-M-Mädel“ von Mike Krüger in einer sehr eigenen und unterhaltsamen Version in die Show ein.
Musikalisch leitet Thomas Rimes, der sich auch für die Arrangements verantwortlich zeichnet, die kleine Band, die neben ihm noch aus Ralf Metz (E-Bass/Gitarre) und Andreas Kurth (Drums/Schlagzeug) besteht. Schön sind auch immer wieder ganz eigene Versionen bekannter Songs, so u. a. „Time after Time“ von Cyndi Lauper als gefühlvolles Duett. Nach rund 140 Minuten endet die Show dann mit dem Gewinnersong des Grand Prix 1976 von Brotherhood of Man, die den Preis ins Vereinigte Königreich holten, heutzutage auch eher ein Land, welches mit Deutschland um den vorletzten Platz kämpft. Aber welches Lied war das doch gleich 1976 !?
Markus Lamers, 23.09.2017
Fotos: © Pedro Malinowski