Die kroatisch-ungarische Komponistin Dora Pejačević – wir würdigen jetzt die fünfte Silberscheibe diese grandiosen viel zulange ignorierten Künstlerin – schrieb in ihrer kurzen Lebenszeit Werke verschiedenster Gattungen. Auf der vorliegenden cpo Einspielung stehen Orchesterwerke, Lieder und ihr einziges Klavierkonzert im Fokus. Die Ouvertüre in d-Moll ist das letzte Orchesterwerk von Pejačević. Mit viel Energie und strahlender Kraft entfaltet die Komponistin ihre melodischen Einfälle, die stets ihre Herkunft erahnen lassen. Folkloristisch ländliche Färbungen in den Holzbläsern und orchestrale dramatische Virtuosität geben diesem kurzen Werk viel Reiz.
Das Liedschaffen von Pejačević umfasst dreißig Lieder. Darunter gibt es auch Versionen für Singstimme und Orchester. Atmosphärische Musik, sehr kantabel für die Singstimme geschrieben. Diese Lieder werden von feinen Farbvaleurs des Orchesters umspielt, so z.B. von der intensiven Solovioline in dem Lied „Verwandlung“. Hingebungsvoll ist das „Liebeslied“ in berührende Töne komponiert. In diesen beiden Liedern sind Einflüsse von Richard Strauss unverkennbar. Entzückend in ihrer Beweglichkeit, dem Flirren, sind die sehr kurzen „Schmetterlingslieder“ zu erleben. Die erfahrene Altistin Ingeborg Danz fühlt sich sehr gut in Wort und Ton hinein, sodass ihr Vortrag den Zuhörer berührt. Mit hoher Intensität und gestalterische Tiefe gibt sie den Liedern viel Ausdruck. Ihre Textverständlichkeit ist vorbildlich. Liedtexte von Karl Kraus, Karl Henckell und Rainer Maria Rilke geben darüber hinaus den Vokalbeiträgen auch eine poetische Tiefe. Als ausgebildete Pianistin wusste Dora Pejačević sehr wohl um die Wirkungsmöglichkeiten des Instrumentes, was ihre zahlreichen Werke der Kammermusik belegen. Ihr spätes Klavierkonzert ist dreisätzig in der Anlage und doch als ein durchgängiges Werk angelegt. Erkennbar spätromantisch und mit ernstem Grundton geschrieben, zeigt sich der Einfluss der damaligen Entstehungszeit. Bei genauerem Blick lassen sich durchaus Parallelen zu Rachmaninow oder auch Schumann finden. Die Musik ist voller spannender Ideen, vor allem in den ersten beiden Sätzen sind die Themen sehr markant gestaltet. Der mittlere Satz, ein Adagio con estro poetico, zeigt einmal mehr die tiefe melodische Kraft der Komponistin. Von emotionaler Dichte ist das intensive Wechselspiel zwischen Klavier und Orchester. Das Allegro con fuoco Finale ist zupackend und großartig in der musikalischen Abrundung des Konzertes.
Wie schon in den anderen CD-Einspielungen ist mit dem Pianisten Oliver Triendl ein hingebungsvoller und souveräner Künstler zu erleben. Mit tiefem Gefühl und spielerischer Brillanz gibt er diesem Werk maximale Wirkung. Mit festem Zugriff und artikulatorischer Klarheit gestaltet Triendl seinen Vortrag in klarer, gut nachvollziehbarer Struktur. Rasant und nicht überhastet weiß er im Finale, die unterschiedlichen Effekte gezielt einzusetzen. Im Verein mit dem ihn gut begleitenden Orchester entsteht eine magnetische Finalwirkung, die mitreißt.
Eine Bereicherung für diese Aufnahmen ist das überaus klangschöne Spiel des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt. Am Pult stand Howard Griffiths, der die Werke mit Begeisterung und kraftvollem Brio leitet. Die Musiker gehen beherzt zur Sache und spielen lustvoll auf. Das ist kein akademischer Vortrag, sondern ein freies, detailorientiertes Musizieren, in durchaus auch freier Tempogestaltung.
Diese CD vermittelt viel Freude und aufschlussreiche Informationen im lesenswerten Beiheft. Aufnahmetechnisch sind die Werke gut und im warmen Klangbild eingefangen.
Dirk Schauß, 28. März 2023
Dora Pejačević
Ouvertüre d-moll, Op. 49
Verwandlung, Op. 37
Liebeslied, Op. 39
Zwei Schmetterlingslieder, Op. 52
Klavierkonzert g-moll, Op. 33
Oliver Triendl, Klavier
Ingeborg Danz, Alt
Howard Griffiths, Leitung
Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt
cpo 777 916-2
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