Besuchte Vorstellung: 25. Oktober 2018
Stefano Mazzonis di Pralafera, der Intendant der Opera Liege, setzt gerne auf große Oper, große Stimmen und große Namen. Da fällt diese Produktion von „Il Matrimonio Segreto“ aus dem Rahmen, denn hier erleben wir eine Kammeroper mit kleinem Orchester.
Der inszenierende Intendant hat seine Produktion aus dem Jahr 2008, die auch auf DVD erhältlich ist, neu einstudiert. Wie in den meisten Produktionen in Liege findet hier keine Interpretation statt, sondern, die Oper wird zuverlässig nacherzählt. So verorten das Bühnenbild von Jean-Guy Lecat und die Kostüme von Fernand Ruiz das Stück auch in seiner Entstehungszeit: Gespielt wird auf einem Boden mit Schachbrettmuster. Neben dem etwas kargen Kontor des reichen Kaufmanns Robinson spielt das Stück weitgehend in seinem elegant ausgestatten Salon, von dem man einen Blick in den Garten wirft.
In den Arien und Duetten belässt es Regisseur Stefano Mazzonis di Pralafera mit Rampenstehen und Posieren. In den Rezitativen werden die Darsteller dann aber auch zu Schauspielern. Die Kölner Produktion von Renaud Doucet und André Barbe, die im letzten Sommer als Übernahme von den Festwochen der Alten Musik Innsbruck im Staatenhaus zu sehen war und das Stück im Hühnerstall spielen ließ, kam da wesentlich turbulenter daher.
Auch musikalisch gibt sich die Produktion in Liege recht brav. Das Orchester der Operá Royal unter der Leitung von Ayrton Desimpelaere spielt leicht und federnd auf, huldigt aber doch eher einem verspielten Rokoko, als dass hier das Sturm-und-Drang-Potenzial der Komposition ausgelotet wird.
Aus der Sängerriege ragt Matteo Falcier als jugendlicher Liebhaber Paolino mit seinem lyrischen und schön gefärbten Tenor heraus. Mario Cassi, der im vergangenen Monat im gleichen Haus einen starken Luna in „Il Trovatore“ sang, gibt den Grafen Robinson, der eigentlich eine komödiantische Figur ist, zuverlässig, aber unscheinbar. Als Kaufmann Geronimo klingt Patrick Delcour abgesungen und kurzatmig, so dass er sich oft ins Chargieren flüchtet.
Auch die Damenriege ist gut, aber nicht sensationell besetzt: Céline Mellon singt mit quirligen Sopran die Carolina, die heimlich mit Paolino verheiratet ist. Sophie Junker ist als Elisetta mit spitzer Nase und spitzem Kinn von der Maske überzeichnet. Sie gefällt mit klarem Sopran, der besonders in den Ensembles heraussticht. Komödiantische Akzente setzt die wohlklingende Annunziata Vestri als Geronimos Schwester Fidalma.
Als nächste Produktion steht in Liege wieder ganz große Oper auf dem Spielplan: Vom 20. November bis 2. Dezember zeigt das Haus Puccinis „Tosca“.
Fotos © Opéra Royal de Wallonie-Liège
Rudolf Hermes 3.11.2018