Premiere am 24. Februar 2018
Feiner Schöngesang
Ekaterina Kudryavtseva/Jelena Kordic
Das Staatstheater rief nach der Operetten-Gala zu einer weiteren Gala – und kaum einer kam! Von den rund 900 Plätzen im Großen Haus war nach äußerem Anschein nicht einmal die Hälfte besetzt. Die Braunschweiger haben vieles verpasst, denn an diesem Abend konnte man mit Musik von Rossini bis Verdi wirklich Belcanto (=Schöngesang) erleben. Das sehr präsente Staatsorchester unter seinem souveränen, stets auf Präzision bedachten GMD Srba Dinić begann mit der Ouvertüre zu Rossinis Oper „La gazza ladra“, in der die typischen „Crescendo-Walzen“ genüsslich zelebriert wurden. Die später musizierte „Nabucco“-Ouvertüre wirkte im ersten Teil allzu getragen, entwickelte dann aber den gewohnten „Drive“. Im Folgenden standen überwiegend Arien und Ensembles der Belcanto-„Klassiker“ Gaetano Donizetti und Vincenzo Bellini auf dem Programm, wobei das Orchester von Dinic durchgehend erfolgreich dazu angehalten wurde, sich nicht nach vorn zu drängen, sondern die Gesangssolisten nachhaltig zu unterstützen.
Mit dem Trinklied des Orsini „Il segreto per esser felici“ aus Donizettis „Lucrezia Borgia“ konnte sich Jelena Kordić profilieren, indem sie ihren eindimensionalen, durchschlagskräftigen Mezzo wirkungsvoll einsetzte. Später trat sie als Romeo in Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ auf; hier sang sie dessen Bravour-Arie „Lieto del dolce incarco…“ durch alle Lagen ihrer Stimme etwas ungebärdig, was zum Duett mit Julia „Vieni, ah! Vieni, e in me riposa“ nicht so recht passen wollte. Julia war Ekaterina Kudryavtseva, die später mit der großen Wahnsinnsszene aus Donizettis „Lucia di Lammermoor“ begeisterte. Wie sie die unterschiedlichen Stimmungen Lucias herausstellte von tiefem Schmerz über die sanften Empfindungen, wenn sie an den Geliebten dachte, bis zu dem trotzigen Aufbegehren, das fand in den schön ausgesungenen Melodiebögen, in der durchweg intonationsreinen Stimmführung, den glasklaren Koloraturen und in den sicheren, allerdings inzwischen erste Schärfen aufweisenden Spitzentönen immer angemessenen Ausdruck. Da war es dann doch schade, dass das gemeinsame Musizieren mit der Soloflöte nicht durchweg synchron war.
Vinncenzo Neri/Ekaterina Kudryavtseva
Im Terzett aus Donizettis „L’elisir d’amore“, war sie eine kapriziöse Adina, die mit Belcore und Nemorino ihr durchsichtiges Spiel trieb. Dadurch gelang es der in Braunschweig beliebten Sängerin, den immer etwas strengen Konzert-Rahmen etwas aufzulockern. Dazu trug auch der junge Vincenzo Neri als Belcore bei, der hier und in einer Arie aus Donizettis „Don Sebastiano“ mit seinem bereits kernigen, ausdrucksstarken Bariton zu gefallen wusste – ein Versprechen für die Zukunft. In der Darstellung eher unauffällig war Jonathan Winell, der die berühmte Arie „Una furtiva lagrima“ tonschön und mit viel Emphase sang. Der Tenor aus dem Magdeburger Opernensemble ging an die wegen der neun hohen C’s berüchtigte Arie des Tonio „Ah! Mes amis, quel jour del fête…“ aus Donizettis „La Fille du régiment“ geradezu furchtlos heran und präsentierte die Spitzentöne makellos starhlend.
Nana Dzidziguri
Bleibt noch über Nana Dzidziguri zu berichten, die eine Bravour-Arie aus Rossinis „L’italiana in Algeri“ sang. Sie führte ihren abgerundeten, ausgesprochen kultivierten Mezzo sauber durch alle Lagen, servierte lockere Koloraturen und ließ damit reinsten Schöngesang hören. Den Abschluss der Gala bildete die rasante Schlussfuge aus Verdis „Falstaff“, bei der einige Choristen das Solisten-Ensemble vervollständigten.
Zum Erfolg des Gala-Abends trug ebenfalls die Musikdramaturgin Valeska Stern durch kenntnisreiche, launige Moderation bei. Schließlich ist der von Georg Menskes und Johanna Motter einstudierte Chor zu nennen, der in einigen Stücken die Solisten unterstützte und mit „Gerusalem! Gerusalem!“ aus Verdis „I Lombardi“ sowie mit dem „Dienerchor“ aus Donizettis „Don Pasquale“ durch ausgewogenen Schönklang auffiel.
Das Publikum war rundum begeistert und applaudierte stark und anhaltend. Dafür bedankten sich die Künstler mit dem „Gefangenenchor“ aus „Nabucco“ und dem Quartett aus „Rigoletto“.
Fotos: © Björn Hickmann
Gerhard Eckels 25. Februar 2018
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Weitere Vorstellungen: 10.3.+2.4.2018