Vorstellung am 08.07.2015, Premiere am 21.06.2013
Leichte Inszenierungsprobleme und ein etwas zu lautes Orchester trüben den insgesamt positiven Gesamteindruck
Ja, am 22.06.2013 berichtete ich bereits über die Zweitpremiere der „Giuditta“ aus der Staatsoperette in Dresden. Als sie nun zum Spielzeitende in Fürth angeboten wurde, wollte ich sehen, wie sich die Inszenierung geändert hatte. Außerdem waren die Protagonisten andere als vor zwei Jahren. Ja und an der Inszenierung hat sich nicht sehr viel geändert und ich kann hier meine Einstellung von 2013 fast wiederholen.
Wie wir alle wissen, hatte Franz Lehár ja einen gewissen Drang zur Oper und mit seinem Spätwerk „Giuditta“ ist er diesem Traum von der Oper ein ganzes Stück näher gekommen. Viele durchkomponierte Stellen und kein Happy End, alles etwas
operettenuntypisch. Die „Regieeinfälle“ von Regisseur Robert Lehmeier sind nicht besser geworden und berührten mich weiterhin nicht sonderlich. Man konnte sie, da sie doch etwas versteckt im Hintergrund spielten, mit etwas gutem Wille auch übersehen. Mir persönlich erschloss sich der Sinn des älteren jüdischen Paares nicht, welches durch alle Akte schlurft und sich am Ende mitten im Finale von Octavio und Guiditta vergiftet. Ebenso für mich nicht nachvollziehbar, dass sich Lord Barrymore, endlich am Ziel seiner Träume, also bei Giuditta, angelangt erschießt. Kranke Soldaten, die dann wieder putzmunter aufspringen werden durch selbstlos sie „bedienende“ Schwestern aufgepäppelt – das alles passt nicht so recht in den Rahmen einer sonst recht flott inszenierten Operette. Man mischt Unterhaltung mit Betroffenheit, für mich ist dies nicht sinnvoll, lenkt von der wunderschönen Musik und dem Geschehen auf der Bühne ab und schadet der Operette mehr als es ihr nützt. In meiner damaligen Rezension schrieb ich, dass für mich, auch heute noch, Operette unbeschwerte Unterhaltung ist, auch wenn es einmal kein Happy End gibt. Für Vergangenheitsbewältigung sollte man aber die herrlichen Melodien nicht hernehmen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wenn man diesen ganzen Inszenierungsbereich übergeht, bleibt eine recht ordentlich in Szene gesetzte Operette übrig, die auch musikalisch und gesanglich einiges zu bieten hat und das Publikum zufrieden stellt. Und das ist doch heutzutage auch schon etwas.
Am Dirigat von Christian Garbosnik hat sich leider seit damals nichts geändert. Einerseits führt er das Orchester mit straffer Hand, lässt es schwellen und schwelgen und aufblühen. Andererseits lässt er leider die orchestralen Wogen teilweise zu sehr fließen, so dass sich die Sänger doch recht schwer taten, sich gegen diese Klangfluten zu behaupten und teilweise doch sehr stark zugedeckt wurden. Eine Bekannt sagte zu mir in der Pause: „Also sonst verstehe ich in der Operette meist jedes Wort, heute habe ich fast gar nichts verstanden, weil das Orchester zu sehr „gedröhnt“ hat. Schade, denn damit tut man den Sängern und auch den Zuhörern keinen Gefallen. Gott sei Dank wurde es nach der Pause etwas besser. Nun blühte Lehárs Musik auf und verzauberte die Zuhörer. Und genau das ist die Aufgabe der Operette und genau deswegen wird sie, wenn man richtig und behutsam mit ihr umgeht, noch lange auf den Spielplänen der Theater stehen. Doch zurück zu den Protagonisten.
Der Chor war hervorragend aufgelegt und akribisch von Thomas Runge eistudiert worden. Bei den Solisten gab es kaum Abstriche zu machen. Eigentlich nur etwas bei der an und für sich höhensicheren und ausdrucksstarken Giuditta von Ingeborg Schöpf. Sie ist eine Dresdener Institution und halt nicht mehr ganz so sinnlich und betörend, wie sie es in früheren Zeiten gewesen ist. Dennoch ist sie eine Bank in Dresden und bot vor allem auch darstellerisch eine reife Leistung. Ihr zur Seite der Octavio von Artjom Korotkov. Er konnte bereits mit seinem Auftrittslied „Freunde das Leben ist lebenswert“ punkten und bot einen höhensicheren, teilweise mit strahlenden Spitzentönen versehenen Octavio an. Gestalterisch gab es nichts an ihm auszusetzen.
Nett anzuschauen, spielfreudig und auch gesanglich tadellos und voll auf der Höhe war das Buffopaar mit Andreas Sauerzapf als Pierrino und Isabell Schmitt als Anita. Sie wirbelten über die Bühne, dass es eine wahre Pracht war und konnten beide nicht nur gesanglich, sondern auch darstellerisch voll überzeugen. Leider musste – vermutlich wieder ein genialer Regieeinfall – Andreas Sauerzapf, der eine vielversprechende Stimme sein eigen nennt, etwas zu albern agieren, was der Rolle aus meiner Sicht nicht so gut tat.
Frank Blees mit gepflegtem ausdrucksstarkem Bariton gab in seiner etwas ungünstigen Clownmaskerade, die wohl an Canio aus dem Bajazzo erinnern sollte, einen überzeugenden Manuele, den verlassenen Ehemann Guidittas und Christian Grygas als Lord Barrymore und dem Wirt Sebastiano überzeugte ebenso wie Hans Jürgen Wiese als Herzog und Dietrich Seydlitz als Ibrahim, dem Besitzer des „Alcazar“. Herbert Graedtke als Kellner und Sprecher, Vladislav Vlasov als Jonny, ein Schwarzer und Erika Burghardt und Bernd Oppermann in der stummen Rolle des jüdischen Paares vervollständigten die Darstellerriege. Die Sänger, aber auch das Orchester, ließen den Abend zu einem gelungenen Abend werden, und obwohl meine Frau die „Giuditta“ schon mehrmals gesehen hat, musste sie auch heute wieder einige Tränen verdrücken. Nicht weil der Abend so furchtbar gewesen ist, im Gegenteil, aber halt, weil die Operette aus Sicht meiner Gattin so furchtbar traurig endet und der arme Octavio sein Leben allein als Barpianist verbringen muss. Insgesamt ein schöner Abschluss der Operettenaufführungen in dieser Spielzeit. Ich bin überzeugt, dass Fürth in der nächsten Spielzeit wieder punkten kann und freue mich heute schon auf die angekündigten Aufführungen von „Norma“ aus dem Landetheater Coburg, „Don Giovanni“ aus dem Landestheater Salzburg, „Hoffmanns Erzählungen“ von der Tschechischen Oper Prag, „Werther“ vom Theater Ulm und zum Abschluss wieder aus der Staatsoperette Dresden „Der Zarewitsch“. Ich freue mich auf die nächste Saison und auf hoffentlich viele schöne und entspannte Abende, in welchen wir uns von der schönsten Nebensächlichkeit der Welt, der Musik, verzaubern lassen können.
Obige Produktionsbilder von Stephan Floß
Manfred Drescher 16.07.2015