am 10./11. und 12. August 2018 – besuchte Vorstellung am 12. August
Schwelgen in Nostalgie vor begeistertem Publikum
Nach 24 Jahren war die Sommeroperette Coburg von Heldritt auf die Seebühne nach Bad Staffelstein gezogen. Einen Schritt, den viele nicht verstanden und vor allem ein Schritt, den die operettenbegeisterten in Heldritt nicht so einfach hinnehmen wollten. Nein, auch im 25 Jahr sollte Operette in Heldritt auf der wunderschönen Waldbühne erklingen. Die Stadt Rodach und der Heimatverein Heldritt standen dahinter, dass man dem treuen Publikum, das ja schon ein Stammpublikum geworden war, auch im Jubiläumsjahr schmissige Operettenmelodien bieten soll, nein muss. Ein Verein wurde gegründet, der Verein „Coburger Operettenfreunde“, an der Spitze Harald Wurmsdobler, der Intendant der Pramtaler Sommeroperette der zum Vorsitzenden gewählt wurde und Reinhardt Schmidt, der langjährige Kapellmeister in Heldritt der zu seinem Stellvertreter bestellt wurde. Flugs schüttelte man auch einen neuen Namen aus dem Hut, aus der „Sommeroperette Coburg“ wurde der „Coburger OperettenSommer“. Egal, wie auch immer, war man sich einig, in diesem Jubiläumsjahr eine Gala mit Operettenmelodien aus Stücken, die in den vergangenen 24 Jahren in Heldritt aufgeführt worden waren dem treuen Publikum anzubieten. Und man verpflichtete Urgesteine der vergangenen Jahre auf der Waldbühne Heldritt. Als Kapellmeister Reinhard Schmidt, der von Anfang an bis 2010 als musikalischer Direktor firmierte, dann den langjährigen Regisseur Bernhard Maxara, mit Wolfgang Krautwig einen der Gründer der Coburger Sommeroperette. Über eines war man sich auch im Klaren, sollte der Beginn mit dem Operettenkonzert vom Publikum angenommen werden, will man auch wiedervollständige Operetten auf die Bühne stellen. Gedacht ist hierbei im nächste Jahr an die recht unbekannte Operette „Die Landstreicher“ von Carl Michael Ziehrer, eine wunderschöne, völlig zu Unrecht vergessene Operettenkostbarkeit mit herrlichen Melodien.
Elke Kottmair
Die Operettengala am Sonntagnachmittag, die der Rezensent besuchte, war bis auf einige ganz wenige Plätze ausverkauft. Hieran merkt man, dass die Waldbühne ein sehr treues anhängliches Publikum hat, welches sich nicht so einfach mit einem Federstrich zu anderen Spielorten verschieben lässt. Ein Publikum welches begeistert mitging, mitsang, zweieinhalb Stunden lang sich verzaubern ließ und vor allem zeigte, dass die Operette auf der Waldbühne in Heldritt lebt – und wie.
Eines der Highlights, welches ich nicht missen will, ist bereits lange vor Beginn der Vorstellung. Hier kann man sich wieder an den kulinarischen Köstlichkeiten der Region gütlich tun – zum Abnehmen hat man ja dann lange wieder Zeit. Also langt man gerne zu, weil man ja alles ein bisschen probieren will, nein muss, und das ist nicht wenig, was hier immer wieder angeboten wird und was auch zum Zauber, zum Flair der Aufführungen auf der Waldbühne gehört. Aber nun zur eigentlichen Hauptsache, der Jubiläumsoperettengala, auch ein bisschen als Ausflug in die Vergangenheit gedacht, aber mit dem Ausblick auf eine hoffentlich lange operettige Zukunft.
Es beginnt alles mit dem reimenden Nachtwächter von Bad Rodach Karl-Heinz Engelhard. Er versucht in launigen Worten die letzten 24 Jahre Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf die Zukunft zu geben. Dann betritt Bernhard Maxara die Bühne, er das Gründungsmitglied, Sänger und langjähriger Regisseur der Sommeroperette Coburg weiß das Publikum mit launigen Informationen, Rück- und Ausblicken zu begeistern. Ebenso wie mit seinem musikalischen Einstieg aus „Meine Schwester und ich“, der ersten auf der Waldbühne aufgeführten Operette und dem Lied daraus „Der Paprika, der Paprika“. So launisch eingestimmt harrt das Publikum der Dinge, die da noch kommen. Und es kommt so viel, dass es gar nicht möglich ist, jedes einzelne Lied, jede Arie, jedes Duett und jedes Ensemble einzeln aufzuführen. Es ist ein Streifzug durch 24 Jahre Operette auf der Waldbühne Heldritt. Da geht es zum „Vogelhändler“, der „Frau Luna“, dem „Wirtshaus im Spessart“ zu „Gasparone“, „Wiener Blut“, dem „Zigeunerbaron“ der „Gräfin Mariza“, „My Fair Lady“, dem „Bettelstudent, der „Lustigen Witwe“ dem „Feuerwerk“ und dem „Salon Pitzelberger“, zu „Die ganze Welt ist himmelblau“ und „Im weißen Rössl“ und sogar zur großen Oper „Die Zauberflöte“. So viel an Melodienreichtum, dass man gar nicht weiß, womit man anfangen soll. Ich versuche es etwas, den Sängern zuzuordnen, um eine gewisse Ordnung hineinzubringen.
Harald Wurmsdobler, Elke Kottmair
Den Reigen beginnt Harald Wurmsdobler mit dem Auftrittslied des Adam aus „Der Vogelhändler“ welches auch den Titel zur heutigen Gala gegeben hat: Grüß Euch Gott, alle miteinander“. Und Harald Wurmsdobler der oberösterreichische Tenor weiß mit schlanker, dennoch durchschlagskräftiger Stimmgebung, sicher sitzendem angenehm weichem und gefälligem Tenor voll zu überzeugen. Er ist kein Kraftprotz, sondern ein gestaltender mitdenkender stimmlich ausgeglichener und beeindruckender Tenor, an dem man seine Freude haben kann. Allein kann er dies noch mit dem Auftrittslied des Danilo aus der „Lustige Witwe“ beweisen. Zusammen mit Elke Kottmeier, der aus Augsburg stammenden Sopranistin bringt er das Duett „Bei Männern welche Liebe fühlen“ aus der Zauberflöte auf die Bretter die die Welt bedeuten. Und beiden merkt man richtig den Spaß und die Freude an, die sie damit haben. Gefühlvoll singen beide wieder aus dem „Vogelhändler“ das wunderbare Duett „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ welches sie stimmschön und aufeinander abgestimmt zu Gehör bringen, ebenso wie aus der „Gräfin Mariza“ das zündende Lied „Komm mit nach Varasdin“. Feuer und Leidenschaft können sie hier beide zum Ausdruck bringen. Allein glänzt Elke Kottmair mit klarem, höhensicheren, runden und vollem Sopran, der keine Höhenschwierigkeiten zu kennen scheint mit den „Schlössern die im Monde liegen“ aus der „Frau Luna“ ebenso wie mit dem begeistert aufgenommenen Bravourlied „O mein Papa“ aus „Feuerwerk“. Hier passt jeder Ton, jeder Ausdruck und auch gestalterisch weiß sie, ebenso wie Harald Wurmsdobler dem Publikum zu gefallen und es zu beeindrucken, was dies mit langanhaltenden Applaus honoriert. Die junge Sopranistin Christine Ornetsmüller aus Andorf in Oberösterreich stellt sich mit dem Robert Stolz Lied „Im Prater blüh´n wieder die Bäume“ vor. Volltönend, mit klarem hohen und hellem geläufigem Sopran, der problemlos alle Höhen erklimmt, zuweilen aber auch etwas scharf klingt, was sich aber im Laufe des Nachmittags zum Positiven wendet, wirbelt sie mit einer Leichtigkeit über die Bühne was sich auch beim Duett mit Harald Wurmsdobler „Drauß´ in Hietzing“ aus „Wiener Blut äußerst vorteilhaft bemerkbar macht. Es macht einfach Freude den beiden sanges- und spielfreudigen Publikumslieblingen zuzuhören und zuzuschauen. Ihr zweites Solostück „Ich hätt´ getanzt heut Nacht“ aus „My Fair Lady bringt sie anrührend, gefällig, äußerst publikumswirksam und mit sehr viel Beifall bedacht auf die Bühne. Eine tolle Leistung.
Reinhard Schmidt
Jetzt aber zu zwei Heldritter „Urgesteinen“, den Gebrüdern Engelhardt. Christian Engelhard, ein geborener Coburger, wie sein Bruder Tobias Engelhardt, hat schon als kleiner Bub in Heldritt mitgespielt und ist jetzt seit vielen Jahren als Heldentenor verpflichtet. Er tritt mit den „Dunkelrote Rosen“ aus Gasparone auf, und man möchte meinen, dass er ein gelernter Bariton ist, er singt die Arie nämlich in der originalen Fassung. Stimmgewaltig, vollmundig, rund tönend mit einem warmen weichen Timbre, welches die Bühne beherrscht. Ebenso wie bei seinem zweiten Solo, der Arie „Ja, das Schreiben und das Lesen“ aus dem Zigeunerbaron. Urgewaltig lässt er seine Stimme strömen, jeden Zentimeter des Bühnenrunds und des Zuschauerraums ausfüllend. So richtig kommen seine Tenoreigenschaften wunderbar gefühlvoll, kräftig und dennoch zart – nein, das ist kein Widerspruch – im Duett mit Elke Kottmeir zum Tragen in dem gefühlvollen Duett „Ich setz den Fall“ aus „Der Bettelstudent“. Das Publikum geht richtig mit und ist – zu Recht – von den Darbietungen begeistert. Die beiden Brüder Engelhardt interpretieren auch auf unnachahmliche Art aus „Das Wirtshaus im Spessart“ den bekannten, ja fast möchte man sagen Gassenhauer „Ach, das könnte schön sein“. Hier können sie auch ihre schauspielerischen Fähigkeiten voll ausspielen. Nicht zu vergessen Elfriede Mohrenberger, deren Mezzosopran aus „Gasparone“ das vom Publikum gut aufgenommene Lied „Es gibt ja keine Männer mehr“ stimmig interpretiert. Manche Frauen im Publikum möchten ihr hier spontan Recht geben. Und dann ist da noch ein Gründungsmitglied der ersten Stunde, Wolfgang Krautwig. Er interpretiert sehr leise, gefühlvoll und sehr publikumswirksam aus der „My Fair Lady“ das bekannte Lied „Der Herrgott schuf den Männern Arm wie Eisen“. Riesengroßer Jubel im Publikum, alles auch Dank an die Künstler der ersten Stunde, die heute zur Wiederbelebung auf die Bretter der Waldbühne getreten sind um den Neuanfang zu begleiten und voranzutreiben. Das Orchester, welches überwiegend aus ungarischen Musikern besteht, die früher ständiger Gast auf der Waldbühne waren und die sich mit Feuer und Verve in ihre Aufgabe werfen, werden von einem weiteren Urgestein von Heldritt dirigiert. Es ist erstaunlich wie leicht, behend Reinhardt Schmidt seine Musiker an der (langen) Leine hat. Er führt sie spritzig, feurig, lässt sie sich sängerdienlich zurücknehmen und ist mit seinem ganzen Körper im Einsatz. Und man merkt ihm an, wieviel Spaß ihn dieser Nachmittag macht und das Publikum merkt das auch und spendet reichlich Beifall, vor allem auch bei dem flott gespielten Einzugsmarsch aus dem „Zigeunerbaron“. Ein großes Finale vor der Pause mit Wolfgang Krautwig und allen bisherigen Mitwirkenden bringt die "Berliner Luft" aus der Operette "Frau Luna" schwungvoll und feurig zu Gehör und entlässt damit erst einmal das begeisterte Publikum. Das Finale am Schluss des Konzerts bringt das Melodien aus „Salon Pitzelberger“, mit teilweise geänderten Texten, ausgerichtet auf den Neuanfang in Heldritt und als Zugabe wird aus dem „Weißen Rössl“ gespielt und gesungen, dass es eine wahre Freude ist.
Elfriede Mohrenberger, Harald Wurmsdobler, Elke Kottmair, Wolfgang Krautwig, Bernhard Maxara, Christine Ornetsmüller, Christian Engelhardt und Tobias Engelhardt
Zweieinhalb Stunden sind wie im Flug vergangen und wenn der Landrat von Coburg noch auf die Bühne kommt und sich bei allen Künstlern bedankt, eine kleine Aufmerksamkeit überreicht und zum Ausdruck bringt, dass er hoffe, dass es mit der Operette auf der Waldbühne weitergeht ist des Jubels kein Halten mehr. Das Publikum hat eindeutig Stellung bezogen, Stellung zur Waldbühne in Heldritt und zur Operettenseligkeit.
Manfred Drescher 13.08.18
Bilder Sven Kaufmann