Premiere Mönchengladbach: 20.09.2020,, besuchte Vorstellung: 22.09.2020, (Premiere in Krefeld am 11.10.2020)
Gemeinschaftstheater gelingt kurzweilige Corona-Unterhaltung
Auch in schweren Zeiten sollte man das Lachen nicht vergessen. Unter diesem Motto könnte man die Musik-Revue von Ulrich Proschka stellen, dem bereits mit „Let´s stop Brexit“ eine wunderbar humorvolle Umsetzung eines aktuellen Themas gelang. Lag die musikalische Konzentration beim Brexit-Projekt noch auf der Musik von Gilbert & Sullivan, geht es nun bei der Coroan-Revue „Alle maskiert!“ kreuz und quer durch die Welt der Musik. Neben Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner, Gioachino Rossini, Jacques Offenbach, Paul Lincke und Richard Strauß erklingt unter anderem Musik von Friedrich Hollaender, Hildegard Knef, dem Original Naabtal Duo und Fritz Muschler. Diesen Werken verpasste Ulrich Proschka allesamt neue Texte, die sich rund um das Thema Corona drehen. Eingebettet wird alles in eine kleine Rahmenhandlung, denn beim Fernsehsender NOVA melden sich gleichzeitig zwei Mitarbeiter krank. Nun fehlt sowohl für das Nachrichtenformat auf Kanal 1 wie auch für die Late-Night-Show auf Kanal 2 der Co-Moderator. Da beide Sendungen aber live ausgestrahlt werden, beschließt die Senderchefin, dass der egomanische Talkshow-Gott Martin Janz bei den Spätnachrichten aushelfen muss, während die seriöse Nachrichtensprecherin Regula Sause zusätzlich als Assistentin in der Late-Night-Show fungiert. Während der Werbepausen und eingespielter Beiträge, werden schnell die Studios gewechselt, das Chaos ist vorprogrammiert. Auffällige Namensähnlichkeiten sind im Übrigen durchaus beabsichtigt.
Ursprünglich sollte im Theater Mönchengladbach im Mai 2021 „Eine Nacht in Venedig“ von Johann Strauß seine Premiere feiern. Diese wird nun wohl nicht stattfinden, allerdings bietet das Quartett „Alle maskiert“ die perfekte Eröffnungsnummer bei dem sich die vier Darsteller Debra Hays, Gabriela Kuhn, Markus Heinrich und Matthias Wippich mit ihren jeweiligen Hauptrollen kurz vorstellen dürfen. Gleichzeitig schlüpfen die Sänger und Sängerinnen, die in dieser Zusammenstellung auch bereits beim erwähnten „Let´s stop Brexit“ zu erleben waren, an diesem Abend in viele verschiedene Rollen. So träumt Matthias Wippich als Markus Söder in „Corona Bavariae“ heimlich von der Kanzlerschaft und Markus Heinrich brilliert beispielsweise als Virologe Dennis Vorsten oder Verschwörungstheoretiker Punttila Wildmann. Debra Hays imitiert entgegen ihres Alters die junge (wie auch dumme) Party-Maus Cilly Anröchter sehr unterhaltsam. Gabriela Kuhn ist als vierfache Mutter im Home-Office völlig überfordert und zeigt später als Angela Merkel, was diese wahrscheinlich nach den Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder wirklich denkt, wenn sie „ganz privat“ mit ihrem Mann telefoniert. Leider war aber die Kamera noch auf Sendung. Sehr schön, dass es zu jedem Lied eine kurze Entstehungsgeschichte im Programmheft nachzulesen gibt, auch lässt Ulrich Proschka den Zuschauer dort in Form eines Tagesbuches an der Entstehung dieser Uraufführung teilhaben.
Ganz wunderbar auch, wie Matthias Wippich beim „Largo al factotum della cittá“ den Rossini-Barbier gibt, der mit Abstandsregeln und weiteren Vorgaben versucht seinen Beruf auszuüben. Auch die Spargelbauern brauchen Erntehelfer und so wird aus „Veronica, der Lenz ist da“ der Comedian Harmonists ein Hilferuf in Richtung Osteuropa: „Veronica, es ist schon März“. Wenn dann am Ende nach einer Demonstration von Corona-Leugnern aus dem bekannten Pumuckl-Lied ein „Hurra, hurra, Corona ist bald wieder da!“ wird, zeigt sich wie aktuell die Produktion geworden ist. Musikalisch begleitet Michael Preiser die Darsteller etwas erhöht auf der Bühne bei allen 17 Musiktiteln an verschiedenen Instrumenten, eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, die souverän gelingt. Die Inszenierung hat die junge britische Regisseurin Helena Jackson übernommen, die am Theater Krefeld-Mönchengladbach seit einiger Zeit als Regieassistentin und Abendspielleiterin tätig ist. „Alle maskiert!“ ist ihre erste Inszenierung an diesem Haus, die ihr gut gelingt. Bühne und Kostüme von Udo Hesse sind zweckmäßig und runden das positive Gesamtbild des Abends ab. Das Auftragswerk des Theaters ist in Mönchengladbach noch viermal im Laufe dieses Jahres zu sehen, zudem findet am kommenden Sonntag, die Premiere in Krefeld statt, wo weitere sieben Aufführungen bis zum 28.12.2020 auf dem Spielplan stehen.
Markus Lamers, 04.10.2020
Bilder: © Matthias Stutte