Berlin: Liederabend Dvořák und Brahms

Ungleiches Paar – Ensemblemitglieder der Staatsoper stellen sich vor

Ein gestandenes und ein junges Ensemblemitglied der Berliner Staatsoper stellten sich im Gläsernen Foyer Schillertheaters mit einem Liederabend vor, eine lobenswerte, längst etablierte Einrichtung des Hauses, seinen Sängern diese Möglichkeit zu bieten. Hatte man beim ersten Blick auf das Programm noch über den ersten Teil gedacht, da müsse man halt durch, und über den zweiten, da begänne der wahre Genuss, so stellte sich die Realität ganz anders dar. Waren vor der Pause Geistliche Gesänge von Dvořák in tschechischer Sprache von einem neuen Ensemblemitglied gesungen, vorgesehen, so sollte danach Brahms, von einer bewährten Solistin dargeboten, erklingen.

Der junge Bass Jan Martiník erwies sich als die positive Überraschung des Abends, zunächst einmal durch das wundervolle Stimmmaterial, zunehmend aber auch durch die Art seiner Darbietung der gar nicht spröden, auch im Klavierpart (

Alexandr Stary) üppig klingenden Kompositionen auf populäre biblische Texte, unter anderen "Der Herr ist mein Hirte", "Ich hebe meine Augen auf" oder "An den Wassern zu Babylon". Die Bekanntheit der Texte trug schon einmal zum besseren Verständnis der Lieder, auch in einer fremden Sprache gesungen, bei. Ein Übriges bewirkte das hörbare, von tiefem Ernst erfüllte Engagement des Sängers für dieses Repertoire, dazu die exakte Diktion, die schöne dunkle Stimme wie schwarzer Samt, ohne jede slawische Rauheit und mit allen Zukunftsaussichten für einen basso profondo. Die Stimme wird ohne jeden Registerbruch in großzügiger Phrasierung geführt, ist sicher in den tiefen wie hohen Extremtönen, beherrscht, so in "An den Wassern", die Fähigkeit zu bruchlosen Crescendi und Decrescendi und bewältigt mühelos Intervallsprünge. Zum Schluß in "Ich hebe meine Augen auf" zeigt sie nach all dem heiligen Ernst auch noch, wie fröhlich und beschwingt sie klingen kann.

Nach der Pause ging es weiter mit dem populärerem Programm und der aus vielen Partien wie Rosina und Octavian vertrauteren Sängerin Katharina Kammerloher , einem hellen, leichten Mezzosopran, und doch wurde dieser zweite Teil zu einer gewissen Enttäuschung. Das lag einmal daran, dass die Diktion eine äußerst verwaschene war, die Vokale verfärbt wurden in Richtung Umlaute, die Konsonanten vernachlässigt wurden und so der Eindruck des Unkonturierten entstand. Obwohl die Brahms-Lieder von sehr unterschiedlicher Stimmung waren, verbreitete die Sägerin mit einem wenig differenzierendem, oft angeschliffenem Einheitston eine ebensolche Stimmung. So gab es kaum einen Unterschied zwischen der volksliedhaften herben Naivität der im Dialekt gehaltenen Stücke und dem drängenden "Liebe und Frühling". Am besten gelangen nach dem vom Liedbegleiter Günther Albers gespielten Intermezzo die "Zwei Gesänge", so mit dem sanft zurückgenommenen, mehrfach wiederholten "Es schlummert mein Kind". Hier begleitete neben dem Klavier noch

Volker Sprenger auf der Viola. Als Zugabe sang der Mezzosopran n0ch ein schönes "Guten Abend, gute Nacht".

23.11.2013 Ingrid Wanja

Fotos: Ilse Ungeheuer (Kath. Kammerloher) und Agentur (Jan Martiník)