22. September 2019
Im doch noch monarchistisch orientierten Dresden wird mit ordentlichem Pomp dem 300. Jahrestag der „Jahrhunderthochzeit“ des sächsischen Kronprinzen Friedrich August II., dem Sohn August des Starken, mit der österreichischen Kaisertochter Maria Josepha gedacht. Dresden avancierte im September 1719 zum Treffpunkt des europäischen Adels. Wenn auch die vom Kurfürsten mit der Familienbindung angestrebte politische Allianz nicht recht funktionierte, so blieben doch die kulturellen Wechselwirkungen zwischen dem Wiener und sächsischen Hof umso nachhaltiger.
Wie an jedem 22. September erinnerte die Gesellschaft der Freunde der sächsischen Staatskapelle mit einem Gedenkkonzert an die Gründung der Kurfürstlichen Hofkapelle, der heutigen „Sächsischen Staatskapelle Dresden“ im Jahre 1548. Traditionell werden dabei Kompositionen früherer Kapellmeister oder der Kapelle verbundener Meister gespielt.
Natürlich musste 2019 zum 471. Geburtstag ein Werk aus dem Rahmenprogramm der Hochzeitsfeierlichkeiten gespielt werden. Der von 1717 bis 1729 amtierende Hofkapellmeister Johann David Heinichen (1683-1729) hatte einen „La Gara degli dei“, einen Wettstreit der Götter, für fünf Gesangsstimmen komponiert. Das Bühnenbild für die Aufführung am 10. September 1719 war bombastisch. Eine riesige Kulisse war am Elbufer errichtet worden und die Götter-Solisten schwebten dank einer Maschine aus einer Wolke über dem Orchester ein.
Unsere Aufführung am 22. September war natürlich spartanisch, aber musikalisch kaum eingeschränkt. Die Partitur des Wettstreits der Götter war für das Geburtstagskonzert aus Kopien der auf Kupferplatten erhaltenen Komposition rekonstruiert worden. Für das Geburtstagskonzert war der Barockspezialist Ton Koopmann als Dirigent und Cembalist eingeladen worden. Ihm und den Musikern der Staatskapelle standen die amerikanische Sopranistin Robin Johannsen, die kubanische Sopranistin Yetzabel Arias Fernandez, der dänische Altus Maarten Engeltjes, der österreichischer Tenor Mauro Peter und der Schweizer Bariton Manuel Walser zur Seite.
Die Originalität und Inspiration der Musik, die vor 300 Jahren als avantgardistisch galt, verblüffte doch die Zuhörer im leider nicht ausverkauften Semperbau. Das zweifelsfrei außergewöhnliche und aus den Dresdner Barock herausragende Werk war es wert, entdeckt zu werden.
Im zweiten Teil des Konzertes wurde Joseph Haydns (1732-1809) Symphonie Nr. 98 B-Dur aus dem Jahre 1791 gespielt.
Beim anschließenden Empfang wurde der bisherige Direktor der Staatskapelle Jan Nast als einer der Gründerväter der „Gesellschaft der Freunde der sächsischen Staatskapelle Dresden“ mit den besten Wünschen nach Wien verabschiedet.
Thomas Thielemann, 23.9.2019