Premiere: 25.01.2020, besuchte Vorstellung: 07.06.2022
Sinnlicher Ballettabend bekommt großen Beifall
Im Januar 2020 fand im Krefelder Theater die Uraufführung des Ballettabends „Beethoven!“ statt, in dem sich das Theater ganz dem großen Komponisten widmet. Anlass war der seinerzeit anstehende 250. Geburtstag Beethovens. Nach wenigen Aufführungen kam aber der Lockdown, so dass erst in dieser Spielzeit die Wiederaufnahme dieses Werkes stattfinden konnte. Der Abend beginnt eindrucksvoll mit dem Begräbnis im Jahr 1827, bei dem die Bürger Wiens am offenen Sarg Abschied von Ludwig van Beethoven nehmen. Anschließend führt uns Choreograf Robert North in einem gut durchdachten Abend durch weitere zwölf Bilder, die sich jeweils bestimmten Begebenheiten widmen. Großen Anteil am Erfolg des Abends hat der Kunstgriff, dass der Mensch Ludwig von Beethoven in drei Gestalten auf der Bühne steht: ein Tänzer, ein Pianist und ein Schauspieler.
Mit Michael Grosse übernimmt der Intendant des Hauses die Rolle des alten Beethoven. Eine Rolle, in der er mit feinem Witz als eine Art Moderator durch den Abend führt. Immer wieder kommentiert er das Geschehen oder steuert Zitate des Originals aus alten Briefen bei. Am Klavier begeistert André Parfenov das anwesende Publikum mit seiner Musik und stellt einmal mehr seine Qualitäten unter Beweis. Er spielt unter anderem Auszüge aus mehreren Klaviersonaten Beethovens. Aber auch Johann Sebastian Bachs Wohltemperiertes Klavier 1. Teil, Präludium Nr. 15 G-Dur ist ebenso vertreten wie Parfenovs eigenes Boogie-Woogie und Improvisationen. Auch bei den eingespielten Stücken bringen sich Wolfgang Amadeus Mozart, Grigoras Dinicu und John Cage in den Abend ein, allerdings stehen auch hier selbstverständlich die großen Werke von Ludwig van Beethoven im Vordergrund. So ist es am Ende auch die „Ode an die Freude“ die im Finale den Traum auf eine Welt, in der alle Menschen in Frieden und Freiheit leben können musikalisch begleitet. Als junger Beethoven versprüht Balletttänzer Alessandro Borghesani ein unheimliches Temperament und eine enorme Lebensfreude. Gelungen sind auch immer wieder die Momente, in denen er von seinem in die Jahre gekommenen „Ich“ an die Hand genommen und durchs Leben geleitet wird.
Die einzelnen Stationen befassen sich u. a. mit Beethovens Leben in Bonn und Wien, dem Streit mit seiner Schwägerin um das Sorgerecht um seinen Neffen Karl, dem von ihm verfassten Heiligenstädter Testament und seine (vermeintliche) Sichtweise auf Napoleon Bonaparte. Auch sein immer schlimmer werdendes Gehörleiden wird thematisiert und sorgt für einen eindrucksvollen Alptraum vor der Pause. Immer wieder bringt North das gesamte Ensemble in großen Choreographien auf die Bühne. So stehen teilweise fast 20 Tänzer gleichzeitig auf Bühne. Für Abwechslung sorgen aber immer wieder schöne Soli. Ganz traumhaft: Der in Gedanken vollführte Tanz Beethovens mit der von ihm verehrten aber unerreichbaren Giulietta Guicciardi (Flávia Harada). Insgesamt ist dieser Abend ein Paradebeispiel dafür, wie man das gesamte Ballettensemble des Theaters Krefeld und Mönchengladbach als eine Einheit auf die Bühne bringt. Die passenden Kostüme von Luisa Spinatelli, die sich auch für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet, runden diesen gelungenen Abend ab.
Am Ende bedankt sich das recht zahlreich anwesende Publikum mit lang anhaltendem Applaus beim gesamten Ballettensemble. Auch André Parfenov und Michael Grosse werden mit lautem Beifall in den Abend entlassen. Ein sinnlicher Abend findet so nach rund zwei Stunden seinen verdienten Ausklang. In Krefeld steht „Beethoven!“ nur noch einmal am 19. Juni 2022 auf dem Spielplan. In der kommenden Spielzeit wird dieses Stück aber mehrfach im Theater Mönchengladbach zu sehen sein.
Markus Lamers, 08.06.2022
Bilder: © Matthias Stutte