CD: „Schubert 7. / 8.“, Marek Janowski

Es gibt Dirigenten, die bis ins hohe Alter nichts von ihrem Elan und ihrer Partitur Treue einbüßen. Zu diesen raren Vertretern zählt unzweifelhaft Marek Janowski, der scheidende Chefdirigent der Dresdner Philharmonie. Janowski präsentiert mit seinem Orchester eine beeindruckende Neuaufnahme von Schuberts Sinfonien Nr. 7 in h-moll, D 759, „Unvollendete“ und Nr. 8 in C-Dur, D 944 „Die Große“.

Die Sinfonie Nr. 7, die als „Unvollendete“ bekannt ist, besteht aus nur zwei Sätzen. Obwohl das Werk unvollständig ist, erreichen diese beiden Sätze einen bemerkenswerten Grad an Vollkommenheit. Schubert schuf hier eine einzigartige Atmosphäre von Melancholie und Rätselhaftigkeit. Die dramatischen Passagen, die von sanften und lyrischen Momenten kontrastiert werden, erzeugen eine unvergleichliche Spannung. Die „Unvollendete“ bleibt ein Mysterium in der Musikgeschichte und fasziniert die Zuhörer bis heute.

Schuberts Sinfonie Nr. 8, „Die Große“, ist ein Meisterwerk von außergewöhnlicher Dimension und Komplexität. Mit einer Spielzeit von etwa 60 Minuten wurde sie von Robert Schumann wegen ihrer „himmlischen Länge“ gelobt. Schubert zeigt hier eine ausgeprägte Fähigkeit zur Entwicklung von musikalischen Ideen und zur Schaffung von epischen Strukturen. Die Sinfonie ist überreich an melodischen Einfällen, harmonischen Wendungen und kontrapunktischen Finessen.

Marek Janowski verbindet gekonnt Traditionsbewusstsein mit Vitalität und Intensität, wodurch die musikalische Substanz dieser Sinfonien zum Leben erweckt wird. Das Orchesterspiel auf dieser Aufnahme ist dynamisch und kraftvoll. Die Dresdner Philharmonie zeigt eine vorbildliche Präzision und Klarheit in ihrem Spiel. Das Orchester füllt den Klangraum der Sinfonien vollständig aus und entfaltet dabei eine weite Palette an Klangfarben. Dynamische Kontraste werden mit großer Hingabe musiziert, wodurch die emotionale Tiefe der Musik hervortritt. Von den leisen, intimen Passagen bis hin zu den kraftvollen, majestätischen Momenten zeigt das Orchester seine Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten. Die Virtuosität des Vortrags ist bemerkenswert. Die technische Brillanz der einzelnen Instrumentengruppen ist deutlich hörbar, während sie gleichzeitig zu einem harmonischen und ausgewogenen Gesamtklang verschmelzen. Präzise und nuancierte Soli bieten die engagierten Holzbläser, während die Streicher mit ihrer lebendigen Artikulation und ihrem warmen Klang gefallen. Die Blechbläser liefern dazu kraftvolle und glanzvolle Passagen, die die Orchestrierung von Schubert hervorheben. Insgesamt zeigt die Dresdner Philharmonie unter Janowskis Leitung eine vorzügliche Spielkultur.

Marek Janowskis Dirigierstil ist von jeher geprägt von Genauigkeit, Transparenz und klarer Struktur. Seine Interpretationen der Sinfonien sind detailliert durchdacht und vital musiziert. Er schafft es, die musikalischen Linien penibel zu formen und gleichzeitig die Gesamtstruktur der Werke stets im Auge zu behalten. Die Tempi sind dabei meist straff und ermöglichen es den verschiedenen Themen und Motiven, sich organisch zu entwickeln. Janowski kennt Schuberts Klangwelt sehr genau und so gelingt es ihm, die emotionale Tiefe und Komplexität der Musik kenntnisreich zu vermitteln.

Diese CD-Aufnahme der Schubert-Sinfonien mit der Dresdner Philharmonie unter der Leitung von Marek Janowski bietet eine zupackende Interpretation dieser bedeutenden Werke. Janowskis klare und rhythmisch pointierte Dirigierweise ermöglicht es, die musikalische Substanz dieser Sinfonien vollständig zu erfassen.

Die Aufnahmetechnik der CD und die Informationen im Beiheft tragen ebenfalls zur Gesamtqualität dieser Veröffentlichung bei. Das Label Pentatone hat einen ausgezeichneten Ruf für seine hochwertigen Einspielungen, und diese CD ist da keine Ausnahme. Der Klang ist äußerst präzise und einfühlsam. Dieser ermöglicht es, jedes einzelne Detail des Orchesterspiels deutlich zu hören und die Klangqualität voll zu genießen. Die Balance zwischen den Instrumentengruppen ist gut abgestimmt, was zu einem ausgewogenen und räumlichen Klangbild führt. Die Akustik des Konzertsaales wird geschickt genutzt, um den natürlichen Klang des Orchesters einzufangen. Diese Aufnahme lässt den Zuhörer tief in die musikalische Welt von Schubert eintauchen.

Pentatone hat hier ganze Arbeit geleistet, um eine rundum gelungene CD-Veröffentlichung zu präsentieren.

Dirk Schauß, 3. Juni 2023


Franz Schubert

Sinfonien 7 und 8

Dresdner Philharmonie

Marek Janowski, Leitung

Pentatone, PTC 5187065