Paris: Führungswechsel an der Opéra national de Paris um ein Jahr vorgezogen

Nicolas Joel, der als Directeur der Opéra 2009 Gérard Mortier nachgefolgt war, gibt ein Jahr früher als geplant sein Amt ab und übergibt es schon am 1. August 2014 an seinen Nachfolger Stéphane Lissner, der wiederum ein Jahr früher aus seinem Amt als Leiter der Mailänder Scala frei wird, weil Alexander Pereira, der die Position in Mailand übernehmen wird, ohne Probleme rechtzeitig seine Funktion als künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele beenden kann, was nicht erstaunt, wenn man seine Abrechnung (unter den Worten: „Blutiger Kleinkrieg) mit der Festspielpräsidentin gelesen hat: faz.net-aktuell

Nun müsste bloß Gérard Mortier wieder nach Salzburg zurückkehren, dessen Abgänge jeweils von Publikum und Fachpresse bedauert wurden. Ist er schonwieder frei? Denn für ihn, derzeit noch Intendant am Teatro Real in Madrid und dort bis 2016 unter Vertrag wurde gerade schon de Nachfolger ausgerufen: Joan Matabosch, Leiter des Liceu in Barcelona. Mit den Intendanten ziehen dann ganze Karawanen (von Abhängigen) weiter, wie die FAZ in ihrer Ausgabe vom 11.09.13 vermeint und dazu feststellt, dass an jedem Haus dann „ein noch teureres, noch unleserlicheres Layout für die Theaterzeitung“ ausgedacht wird. Ihr Berichterstatter weiß es aber noch sic herer: zu allererst wird der Internetauftritt der Häuser so umgekrempelt, dass man sich darin erst einmal nicht mehr zurechtfindet. Und dann sieht man sich auch einem neuen Pressesprecher „aus der Karawane“ gegenüber; aber den kennt man wenigstens schon…

Nicolas Joel, 60 Jahre, der aus Toulouse gekommen war, war eine gewisse Provinzialität nachgesagt worden. Nach seinen ersten etwas belächelten Produktionen war in der Presse zu lesen, dass die künstlerisch führende Position unter den französischen Opernhäusern wohl auf das moderner ausgerichtete Haus in Lyon übergehen würde. Er hat sich als Intendant der Opéra aber insofern gut geschlagen, dass die Auslastung der beiden Häuser der Nationaloper zuletzt bei immerhin 96% gelegen hat – oder ist das Publikum in Paris auch Opern-provinziell? Joel, der sich seit einem Schlaganfall 2008 ohnehin schonen musste, ist wohl auch der Stress mit seiner Vorarbeiterin, Madame la ministre de la Culture et de la Communication, seit dem französischen Machtwechsel Frau Aurélie Filipetti, zu viel geworden. Dorthin sollen die Beziehungen recht unterkühlt gewesen sein, nicht nur wegen der Budgetkürzungen im französischen Kulturhaushalt und den ihm auferlegten Sparmaßnahmen. Nicolas Joel wird nach seinem Rückzug von der Opéra noch weiterhin Opern inszenieren.

Das Communiqué des Kultusministeriums („Nicolas Joel, Direktor der Opéra National de Paris, wird zum Sommer 2014 seine Funktionen ein Jahr als früher als ursprünglich vorgesehen niederlegen, damit der reibungslose Übergang der Führungsfunktionen im Hause in Übereinstimmung mit der Ministerin für Kultur und Kommunikation sichergestellt werde“) klingt ebenso unterkühlt wie die sehr knappe Würdigung seiner Intendantentätigkeit in der gleichen Vernehmlassung, die ganz ohne Danksagung auskommt.

Die Handschrift von Stéphane Lissner als Intendant wird also – wie ursprünglich vorgesehen – erst in der Spielzeit 2014/15 sichtbar werden. Immerhin hat er angekündigt, mit der Pariser Opéra ein Opernhaus des 21. Jhdts. entwickeln zu wollen. Hat er in Mailand dafür schon ab 2006 dreizehn Jahre lang Zeichen gesetzt? Man erinnere sich, welche Intendanten die Pariser Oper erst einmal ins 20. Jhdt. geführt haben und wann: Liebermann und Mortier erst in der zweiten Jahrhunderthälfte. Letzterer hätte sicher gern noch weitergemacht, ist aber über 65 Jahre alt und durfte daher in Frankreich nicht mehr.

Am Programm der kommenden Spielzeit 2013/2014 ändert sich naturgemäß nichts. Neuproduktionen und Wiederaufnahmen an der Opéra Bastille und im Palais Gernier unter unter

Manfred Langer 16.09.13