Bremen: „Pique Dame“, Peter Tschaikowsky

Glücksspiel macht süchtig. Und manchmal treibt es auch in den Wahnsinn und in ein auswegloses Schicksal. So geschieht es dem etwas sonderlichen Offizier German in der Oper „Pique Dame“ von Peter Tschaikowsky. German verliebt sich in Lisa, die Verlobte des Fürsten Jelezki. Zwar erwidert sie seine Gefühle, zerbricht aber daran, dass Germans Leidenschaft für seine Spielsucht größer ist als die für Lisa. Außerdem hat German versucht, Lisas Großmutter, einer geheimnisvollen Gräfin, das Geheimnis von drei Karten zu entreißen, mit denen man angeblich jedes Spiel gewinnen kann. Die Gräfin erschreckt sich bei der Begegnung mit German zu Tode. Lisa begeht Selbstmord. Und auch German erschießt sich, nachdem er beim Spiel auf die falsche Karte gesetzt und alles verloren hat.

(c) Jörg Landsberg

Eigentlich spielt „Pique Dame“ in St. Petersburg zur Zeit der Zarin Katharina, Regisseur Armin Petras hat sie aber in eine nicht näher definierte Zukunft verlegt. Es ist eine Zeit nach einer gewaltigen Apokalypse. Bühnenrauch und gewittrige Unwetter sorgen für eine gespenstische Stimmung Das großartige Bühnenbild von Julian Marbach lässt vergangene Pracht noch erahnen, aber das einst herrschaftliche, geheimnisvoll verwinkelte Haus ist dem Verfall preisgegeben. Alles wirkt baufällig und wird langsam überwuchert Auch ein altes Autowrack ist zu sehen. Die Natur holt sich in Form von Pflanzen und Pilzen ihren Raum zurück. Und die Menschen werden vor allem von Ängsten und Albträumen beherrscht. Zombies und vampirartige Wesen geistern durch die Szene. Die phantasievollen Kostüme von Patricia Kalacko reichen von alten Uniformen bis zum opulenten, rosa Reifrock von Lisa. Gestützt und verstärkt wird der optische Eindruck durch die eindringlichen Videos von Rebecca Riedel, die nie zum Selbstzweck ausarten, sondern stets stimmig in das Gesamtkonzept eingebunden sind.

(c) Jörg Landsberg

Auch wenn Luis Olivares Sandoval nicht immer ganz höhensicher ist, gestaltet er die Partie des en Germann doch mit leidenschaftlichem Einsatz. An Leidenschaft steht ihm Nadine Lehner als Lisa in nichts nach. Sie kann mit klarem Sopran die wechselvollen Gefühle der Figur überzeugend verdeutlichen. Ihr nur von Joanna Laszczkowska am Klavier begleitetes Duett mit der herausragenden Ekaterina Chayka-Rubinstein als Polina ist pure Anmut. Nachhaltigen Eindruck hinterlässt auch Elias Gyungseok Han mit profundem Bass als Graf Tomski. Michal Partyka glänzt als Fürst Jelezki mit seiner Liebesarie und Renée Morloc verleiht der Gräfin eine geheimnisvolle Aura. Begeisternd ist die Leistung des von Alice Meregaglia einstudierten Chors.

(c) Jörg Landsberg

Nicht nur Spielen kann süchtig machen – auch die Musik von Peter Tschaikowsky, wenn sie so gespielt wird wie von Yoel Gamzou und den Bremer Philharmonikern. Die Wiedergabe ist spannend, dramatisch und opulent im Klang. Schon allein die Orchesterleistung lohnt den Besuch dieser Oper.

Wolfgang Denker, 30. Mai 2023


„Pique Dame”
Oper von Peter Tschaikowsky

Theater Bremen

Besuchte Premiere am 27. Mai 2023

Inszenierung: Armin Petras
Ausstattung: Julian Marbach
Musikalische Leitung: Yoel Gamzou
Bremer Philharmoniker

Weitere Vorstellungen: 4., 10., 22. Juni, , 1., 5., 7. 9. Juli 2023