Meiningen, das zauberhafte Theater mit Stadt, hat bis heute das Geheimnis gehütet, welche verschollenen Schätze gehoben wurden, um in der kommenden Saison nicht nur treues, sondern auch neues, neugieriges Publikum zu begeistern. Mit bisher über 85% Auslastung ist es ein ungeheurer Kraftakt, dieses Niveau zu halten und sogar zu steigern. 310 Mitarbeiter geben alles, um dieses Juwel in der Theaterlandschaft weiterhin glänzen zu lassen.
Spielzeiteröffnung erfolgt am 06.09.24 mit Giuseppe Verdis Don Carlos. Weil bildende Kunst und Theater in diesem Haus schon immer eine Symbiose eingingen, wird auch diesmal der begnadete Künstler Achim Freyer Bühnenbild und Kostüme entwerfen und Regie führen.
Die wiederentdeckte Oper „The Wreckers“ der Britin Ethel Smyth (1858-1944) sollte sich niemand entgehen lassen. Nur in Fachkreisen bekannt, vermutlich zu schwierig, fasziniert die Aufführung mit post-wagnerischer Romantik und sozialdramatischem Stoff über eine am Existenzminimum lebende Gesellschaft, die, um zu überleben, ihre eigene Moral hat. Darauf legt Regisseur Jochen Biganzoli in dieser szenischen Erstaufführung der Urfassung seinen Fokus. Premiere ist am 25. Oktober 2024.
Jean-Phillippe Rameau gilt als Vorreiter der französischen Barockgeschichte und Jens Neundorff von Enzbergs gekürzte Fassung seiner Oper „Castor et Pollux“, deren fließender Wechsel zwischen Rezitativ und Arie, kontrastreicher Instrumentierung und Harmonien es durchaus mit Bach und Händel aufnehmen kann, steht im Februar auf dem Programm. Der berühmte Künstler Tony Cragg entwirft mit seinen teils überdimensionalen Figuren den Bühnenraum.
Meiningen und Wagner sind untrennbar verbunden. Die im Diesseits unerfüllte Liebe von „Tristan und Isolde“ mitmonumentaler aber auch sphärischer Musik wird unter der Regie von Verena Stoiber zu sehen sein. Premiere ist am 12. April 2025.
Es ist ein Glücksfall, dass Regisseur Hinrich Horstkotte wieder nach Meiningen kommt und Mozarts „Don Giovanni“ inszeniert und die Kostüme entwirft. Premiere ist am 30. Mai 2025. Lassen wir uns überraschen, wie er den Helden sieht. Die Musik ist ein Selbstläufer.
Musicals haben in Meiningen Tradition und diesmal wird es gruselig und hoch spannend. Frank Wildhorns „Jekyll & Hyde“ verspricht unter der Regie von Cusch Jung spektakuläre Dramatik, die sicher auch Publikum U30 ins Theater lockt.
Mit acht Symphoniekonzerten geht es wieder auf Entdeckungsreise. Nein, keine Angst, niemand wird von allzu Atonalem überfordert – im Gegenteil. GMD Killian Farrell gewährt Einblicke in den großen Kosmos der Musikwerke, erklärt, sensibilisiert, öffnet die Sinne für selten gespielte Werke, aber auch bereits scheinbar bekannte erklingen unbeschreiblich neu. Dimitri Schostakowitsch wird in seinem 50. Todesjahr zu neuem Leben erwachen. Geradezu magisch gibt sich das fünfte Konzert mit Filmmusik von Paul Dukas und John Williams. Liszt, Stravinsky und Ravel sorgen mit Sicherheit dafür, dass man der großartigen Hofkapelle auf der Sesselkante lauscht und „Vier letzte Lieder“ von Richard Strauss mit Solistin Julia Kleitner sind ein Kleinod. Keine Scheu vor Alban Berg, Schnittke und Anton Webern. Die Konzerteinführungen sind eine Klasse für sich und in „Reingehört“ nehmen sich Killian Farrell und Alexander John eine Woche vorher Zeit, die Besonderheiten zu erklären, ach was, charismatisch ans Herz zu legen. Das ist längst nicht das gesamte Konzertprogramm und wer sich diese Highlights gönnen möchte, muss schnell sein, denn sie sind fast immer ausverkauft.
Schlussendlich noch ein Geheimtipp: „Hexe Hillary geht in die Oper“, eine Kinderoper von Peter Lund, ab 4 bis 94, bringt dem Nachwuchs mit viel Witz und Kuriosem die Welt des Theaters näher. Zwei Jugendkonzerte mit Musik von Mozart und Ravel ab 11 Jahren gehen da noch ein Stück weiter.
Inge Kutsche, 12. April 2024