Hamburg: Daniel Behle in der Elbphilharmonie

Mozart-Kosmos

Die Werke von Wolfgang Amadeus Mozart nehmen in der künstlerischen Arbeit von Daniel Behle einen gewichtigen Raum ein. Eben hat der deutsche Tenor mit großem Erfolg in Londons Covent Garden Opera den Don Ottavio in der spektakulären Kasper-Holten-Inszenierung des Don Giovanni verkörpert. Seiner kürzlich bei Sony erschienen CD mit Mozart-Arien (Zero to Hero) lässt er nun eine Tournee mit dem Programm dieser Platte folgen. Sie führte ihn am 16. 10. in den Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie. Wie bei der Aufnahme begleitete ihn das L’Orfeo Barockorchester unter seiner Gründerin Michi Gaigg, das mit den Ouvertüren zu Don Giovanni und Così fan tutte musikantischen Geist und vitale Musizierfreude demonstrieren konnte.

Der Tenor, im Gehrock aus schwarz/silbernem Brokat auch optisch eine noble Erscheinung, begann die Programmfolge mit den beiden Ottavio-Arien. Sogleich mit „Dalla sua pace“ nahm er mit seiner männlich-sensiblen Stimme, die mühelos den großen Raum füllte, für sich ein. Zarte Gespinste und schwebende piani (besonders im träumerisch entrückten Da capo) standen im Kontrast zu auftrumpfend heldischer Allüre. Voller Energie und mit bravourösen Koloraturläufen erklang „Il mio tesoro“. Alle vier Belmonte-Arien aus der Entführung im Konzert hintereinander zu singen, bedeutet eine enorme Herausforderung, sind sie doch von höchstem technischem Anspruch. Ganz zart klopfend wurde „Hier soll ich dich nun sehen“ vom Orchester, das insgesamt mit der feinsinnigen Begleitung des Solisten begeisterte, eingeleitet. Der Sänger nahm diese Vorgabe auf und ließ delikateste Töne sowie individuelle Verzierungen hören. In „Wenn der Freude“ lagen ihm einige tiefe Noten etwas unbequem, aber das innere Beben und gesteigerte Verlangen der Figur waren deutlich wahrnehmbar. Sicher bewältigt wurden die vertrackten Koloraturen der sogenannten „Baumeister-Arie“, welche zudem durch die sehr differenzierte Wiedergabe beeindruckte. Gebührend schwärmerisch, aber auch entschlossen und kraftvoll ertönte Taminos „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ aus der Zauberflöte zum Abschluss des ersten Teils.

Der zweite begann mit zwei Arien des Ferrando aus Così fan tutte, darunter die seltener zu hörende „Ah, lo veggio“ mit ihren anspruchsvollen Koloraturpassagen. Die bekannte „Un’aura amorosa“ bekam den nötigen schmeichelnd-träumerischen Umriss, auch durch die ungemein duftige Begleitung des Orchesters. Die letzten beiden Auszüge dürften die Zukunft des lyrischen Tenors anzeigen, denn Titos „Se all’impero“ und Idomeneos „Fuor del mar“ sind in ihrem Charakter schon von heroischem Anspruch. Behle erfüllte diese Herausforderung mit autoritärer Gestaltung, welche auch die Konflikte der beiden Herrscher einschloss, und souveräner Absolvierung des virtuosen Zierwerks.

Mozart galt auch die erste Zugabe des Sängers als Dank für die Wogen der Begeisterung im Saal. Wenn ich nicht irre, war es die bravouröse Arie des Ozia „D’ogni colpa“ aus La Betulia liberata. Mit der zweiten wechselte der Sänger zu Franz Schubert und dessen Oper Fierrabras. Der Ausschnitt aus dem Duett Emma/Eginhard „Der Abend sinkt auf stiller Flur“ war ein sanftes Ständchen, das den Abend zauberhaft enden ließ.

Bernd Hoppe 20.10.2019

Fotocredit: Sebastian Madej