Auch in diesem Jahr haben wir unsere Kritiker wieder gebeten, eine persönliche Bilanz zur zurückliegenden Saison zu ziehen. Wieder gilt: Ein „Opernhaus des Jahres“ können wir nicht küren. Unsere Kritiker kommen zwar viel herum. Aber den Anspruch, einen repräsentativen Überblick über die Musiktheater im deutschsprachigen Raum zu haben, wird keine Einzelperson erheben können. Die meisten unserer Kritiker haben regionale Schwerpunkte, innerhalb derer sie sich oft sämtliche Produktionen eines Opernhauses ansehen. Daher sind sie in der Lage, eine seriöse, aber natürlich höchst subjektive Saisonbilanz für eine Region oder ein bestimmtes Haus zu ziehen.
Nach der Staatsoper unter den Linden, Berlin blicken wir heute auf die Theatergemeinschaft Krefeld und Mönchengladbach.

In der Spielzeit 2024/25 feierte das Theater Krefeld-Mönchengladbach das 75-jährige Jubiläum der ältesten Theaterehe Deutschlands, die im April 1950 geschlossen wurde. Da die meisten Musiktheaterproduktionen am Niederrhein auf zwei Spielzeiten ausgelegt sind – eine in Krefeld und eine in Mönchengladbach –, beschränkt sich diese Saisonbilanz für das Jubiläumsjahr ausschließlich auf die Neuproduktionen der Spielzeit 2024/25. Die bereits im letzten Jahr erwähnten Inszenierungen Ball im Savoy, Die Reise nach Reims und Margarethe (Faust) waren selbstverständlich auch in der vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen Spielzeit wieder auszeichnungswürdig.
Beste Produktion:
Die Passagierin – Ausgezeichnet mit dem Opernfreund-Stern stimmte bei dieser Produktion einfach alles. Bemerkenswert hierbei, dass man 15 von 16 Gesangspartien aus dem eigenen Musiktheater-Ensemble bzw. aktuellen und ehemaligen Mitgliedern des angeschlossenen Opernstudio Niederrhein trefflich besetzen konnte.
Größte Enttäuschung:
Wie im Vorjahr, gibt es eigentlich auch in dieser Spielzeit nichts zu bemängeln. Schade ist allerdings, dass die Wiederaufnahme der wunderbaren Zauberflöte aus dem Jahr 2018 nur für vergleichsweise wenige Termine in den Spielplan aufgenommen wurde. Allgemein gibt es so viele Produktionen, die man gerne nach einigen Jahren erneut sehen würde, was allerdings bei einem Theater dieser Größe verständlicher Weise in aller Regel nicht möglich ist.
Beste Gesangsleistung (Hauptrolle):
La traviata – Fast zweieinhalb Stunden stand Sophie Witte in dieser Inszenierung auf der Bühne und gab eine sehr lyrische Violetta, die von Anfang an weniger Diva oder Kurtisane ist als vielmehr eine Gefallene, die erst im zweiten Akt das Glück des Lebens spüren darf.
Beste Gesangsleistung (Nebenrolle):
Sweeney Todd – Nicht mehr am Niederrhein zu Hause ist leider James Park, wo er in der Spielzeit 2014/15 Mitglied im Opernstudio wurde und seitdem in über 15 Produktionen zu sehen war. Inzwischen spielte er bei den Vereinigten Bühnen Wien große Hauptrollen, unter anderem in Miss Saigon oder Rebecca war an der Wiener Volksoper unter anderem als Chino in der West Side Story zu sehen. Für die Rolle des Anthony Hope in Sweeney Todd kehrte er in der Spielzeit 2024/25 an den Niederrhein zurück und überzeugte das Publikum einmal mehr mit seinem klaren Tenor.
Bestes Dirigat:
Die Passagierin – Unter der Leitung von GMD Mihkel Kütson spielten die Niederrheinischen Sinfoniker fantastisch auf, so dass der Partitur erfreulich viele klangliche und atmosphärische Facetten abgerungen werden konnten.
Beste Regie:
Elias – Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium wurde von Kobie van Rensburg bildgewaltig in Szene gesetzt. Die Aufführung war ein in sich stimmiges visuelles Gesamtkunstwerk, das allein schon einen Besuch wert war. Neben den beeindruckenden Videoprojektionen zeichnete sich van Rensburg auch für das Bühnenbild und die Kostüme verantwortlich.
Bestes Bühnen- und Kostümbild:
Sweeney Todd – Das Bühnen- und Kostümbild von Lena Brexendorff konnte auf ganzer Linie überzeugen. Auf einer großen Drehbühne sah man das Geschäft von Mrs. Lovett, über dem sich der Barbiersalon befand. Natürlich durfte auch die Rutsche nicht fehlen, über die die Leichen von oben direkt in die Küche entsorgt werden konnten. Alles versprühte eine schaurige Atmosphäre, die dieses Musical besonders auszeichnet. Darüber hinaus ließen sich über die an diesem Haus nicht permanent vorhandene Drehbühne auch die weiteren Örtlichkeiten gut darstellen.
Und sonst noch…
Am 1. Juni 2025 fand im Theater Krefeld nicht nur die Premiere des Ballettabends Carmen statt, vielmehr feierte Robert North, langjähriger Ballettdirektor des Niederrheinischen Gemeinschaftstheaters, an diesem Tag auch seinen 80. Geburtstag. Mit Ablauf der Spielzeit 2024/25 endete seine langjährige Zeit als Ballettdirektor am niederrheinischen Gemeinschaftstheater. Daher an dieser Stelle wie bereits im Vorjahr zum Ende ein Dank für viele schöne Momente im Theater Krefeld-Mönchengladbach.
Die Bilanz zog Markus Lamers.