München: Richard Strauss zum 150. Geburtstag

DAS STAATSTHEATER AM GÄRTNERPLATZ GRATULIERT

Dem Passanten, der derzeit durch Münchens Innenstadt streift, kann es leicht passieren, dass er auf einmal mit ihm gänzlich ungewohnten Tönen konfrontiert wird. Und das insbesondere, wenn er gerade zur vollen Stunde an einen der zahlreichen Plätze der bayerischen Metropole kommt. Es sind Ausschnitte aus dem „Rosenkavalier“, der „Ariadne auf Naxos“, dem „Don Juan“, dem „Till Eulenspiegel“, der „Alpensymphonie“ und „Also sprach Zarathustra“, die da so plötzlich sein dankbares Ohr beglücken. Schöpfer dieser herrlichen musikalischen Ergüsse ist Richard Strauss, einer der berühmtesten Söhne der Stadt, dessen Geburtstag sich am 11. 6. 2014 zum 150. Male jährt. Auf diese Art und Weise wird der Jubilar, dessen Beziehung zu München indes nicht immer ungetrübt war, von seiner Geburtsstadt geehrt. An 15 Plätzen sind Klangboxen aufgebaut, die im Stundentakt neben Opernbegeisterten auch die Menschen, deren Sache klassische Musik sonst nicht so sehr ist, mit einem wunderbaren Potpourri aus Stücken des Garmischer Meisters erfreuen.

Initiator dieser doch recht außergewöhnlichen Ehrung von Richard Strauss ist Josef E. Köpplinger, Staatsintendant des Gärtnerplatztheaters, der auf diese Weise „in ehrlichem Andenken an einen der größten Komponisten und einen meiner Lieblingskomponisten“ diesem zur 150. Wiederkehr seines Wiegenfestes herzlich gratuliert. Die aus einem „ganz spontanen Einfall“ (Köpplinger) heraus geborene Ehrung, von der nach Bekunden des Staatsintendanten auch der damalige Münchner Oberbürgermeister Ude begeistert war, sollte dazu dienen, „diesen großen Komponisten der ganzen Münchner Bevölkerung nahezubringen“ (Köpplinger). Ein wunderbarer Einfall, kann man da nur sagen, der die Herzen sämtlicher Strauss-Anhänger höher schlagen lässt.

An der feierlichen Eröffnung am Münchner Richard-Strauss-Brunnen in der Kaufinger Strasse am Morgen des 27. 5. 2014 nahmen neben Köpplinger auch der Enkel des Jubilars Christian Strauss, der Kulturreferent der Landeshautstadt München Dr. Hans-Georg Küppers und Ministerialdirigent Toni Schmid teil. In den von Köpplinger, Küppers und Schmid nacheinander gehaltenen Ansprachen – Christian Strauss hielt sich diskret im Hintergrund – offenbarte sich nachhaltig die große Liebe der Redner zu Richard Strauss. Man merkte: Die Ehrung des Komponisten war ihnen allen eine Herzensangelegenheit. In ihrer Liebe zu Strauss waren sich die drei Laudatoren einig. Da verwundert es auch nicht weiter, dass die Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Realisierung des Projekts von großer Harmonie geprägt war. Das Gärtnerplatztheater, das Land Bayern und die Stadt München hatten alles getan, um Köpplingers großartige Idee Realität werden zu lassen. Dieser betonte bei seiner Ansprache dann auch die tolle Zusammenarbeit zwischen dem Land und dem Kulturamt der Stadt und resümierte: „Dr. Küppers hat uns großartig unterstützt“. Auch der Kulturreferent bestätigte die „wunderschöne Zusammenarbeit von Stadt und Land“ bei dieser doch recht „ungewöhnlichen Ehrung“ des Komponisten, die die Menschen dazu verleiten sollte „anzuhalten, in sich zu gehen und ein Stück Musik mitzunehmen“. „Musik ist eine Weltsprache, alles Trennende möge verschwinden“, betonte Köpplinger und lobte das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz, das unter der Leitung von Chefdirigent Marco Comin zusätzlich zu seinen schon nicht

gerade wenigen Aufgaben die bereits genannten Ausschnitte aus den Werken von Richard Strauss hochkarätig und „in ganz präziser Arbeit“ eingespielt habe. Das kann man nur bestätigen. Als er schließlich den Knopf der Klangbox drückte, ergoss sich Strauss’ herrliche Musik mit großem Glanz über den ganzen Platz.

Diesen erhabenen Augenblick kann man an verschiedenen Plätzen Münchens noch cirka zwei Wochen immer zu Stundenbeginn neu erleben. Es ist Dr. Küppers nur zuzustimmen, wenn er von einer „tragfähigen Idee“ spricht. Sie ist in hohem Maße geeignet, Strauss der Münchner Bevölkerung näherzubringen, wobei indes nicht beabsichtig war, die Leute ins Konzert zu locken. „Das ist nicht unsere Erwartungshaltung“ betonte der Kulturreferent und führte weiter aus, dass es bei diesem Unternehmen darum gehe, „etwas Ungewöhnliches in den öffentlichen Raum zu bringen“ und die Münchner mit einer Musik zu konfrontieren, die „uns vielleicht auch berührt“. Wenn man an den Tagen danach zur angegebenen Zeit diverse Orte in München ansteuerte, konnte man sich davon überzeugen, dass diese Intention voll aufgegangen ist. Da sah man oft Menschen jeden Alters, die stehenblieben und andächtig den Klängen lauschten, die da aus den aufgestellten Klangboxen schallten. Ein schöneres Geburtstagsgeschenk für Richard Strauss kann es nicht geben, auch nicht die im Herbst am Gärtnerplatztheater erfolgende Neuproduktion seines Balletts „Schlagobers“. Staatsintendant Köpplinger ist ein großes Lob dafür auszusprechen, dass er sein Vorhaben unbeirrt und mit ungemindertem Einsatz durchgezogen und damit ganz München eine enorme musikalische Freude gemacht hat. Er hatte eine wunderbare Vision, die nun Wirklichkeit geworden ist. Erstaunlich ist nur, dass die Bayerische Staatsoper nicht auf dieselbe Idee gekommen ist. Immerhin ist sie Strauss und seinem Werk in weit größerem Maße verbunden als das Gärtnerplatztheater. Umso bewundernswerter muss da erscheinen, was dessen Staatsintendant hier auf so phänomenale Weise verwirklicht hat. An seine Adresse geht ein herzliches Dankeschön!

Ludwig Steinbach, 2. 6. 2014
Die Bilder stammen von Christian Zach