Köln: „Titanic – The Musical“

Große Emotionen auf hoher See

Im Jahre 1912 kam es zu einem der dramatischsten Unglücke des 20. Jahrhunderts, dem Untergang der RMS Titanic auf seiner Jungfernfahrt, nachdem das Schiff auf dem Weg nach New York mit einem Eisberg kollidierte. Das Musical basiert auf den vielen verschiedenen Schicksalen der Menschen an Bord und versucht diese möglichst detailgetreu wiederzugeben. Es ist also weit weg von der allseits bekannten Hollywood-Liebesgeschichte. Stattdessen wird der Zuschauer mitgenommen auf die Reise der Passagiere und der Besatzung des Schiffes, stets in dem Bewusstsein, was am Ende passieren wird. Mit diesem Wissen des Zuschauers im Hintergrund „spielen“ Komponist Maury Yeston und Autor

Peter Stone sehr geschickt, so dass ein emotionaler und bewegender Theaterabend mit einer der vielleicht schönsten Musicalkompositionen der letzten 25 Jahre entsteht. Die Broadway Inszenierung wurde 1997 mit insgesamt 5 Tony Awards ausgezeichnet, u. a. als bestes Musical, für die beste Musik und das beste Buch.

Regisseur Thom Southerland legt bei seiner Inszenierung großen Wert auf die vom Libretto vorgesehene Vorstellung der Personen und verzichtet auf unnötiges Beiwerk. Bereits in dem Moment wo der Zuschauer den Saal betritt, erblickt er den Schiffskonstrukteur Thomas Andrews (wunderbar besetzt mit Greg Castiglioni) bei der Arbeit, im Hintergrund hört man aufgeregtes Stimmengewirr kurz vor dem ersten Auslaufen der Titanic. Das eigentliche Musical beginnt dann mit dem Eintreffen der ersten Passagiere, streng unterteilt nach erster, zweiter und dritter Klasse. Im ersten Akt nimmt sich das Stück viel Zeit die einzelnen Rollen sowie deren jeweilige Wünschen und Hoffnungen etwas genauer vorzustellen, die mit dieser Reise verbunden sind. Da wären beispielsweise die drei irischen Kates, die in Amerika ein neues und besseres Leben beginnen wollen oder der Heizer Frederick Barrett (Niall Sheehy), der auf der Titanic anheuert und bereits frühzeitig die Gefahren der ständig höheren Knotenzahl erkennt. Ändern kann er hieran aber auf Grund der strikten Hierarchie an Bord nichts. Der Inhaber der White-Star-Flotte J. Bruce Ismay (Simon Green), ebenfalls an Bord, wenn auch später mit dem ersten Rettungsboot verschwunden, ist stets darauf bedacht, einen neuen Weltrekord für die Überquerung des Atlantiks aufzustellen.

Hierfür schreckt er auch nicht davor zurück Kapitän Edward Smith (Philip Rham) mehrmals unter Druck zu setzen. Ganz anders dagegen, das rührige Seniorenpaar Ida und Isidor Straus (Judith Street und Dudley Rodgers), Isidor weigert sich trotz seiner hohen Position als ehemaliger Abgeordneter und als mehrfacher Millionär später das Rettungsboot zu betreten, bevor nicht alle Frauen und Kinder von Bord sind. Seine Frau will ihn nicht allein zurücklassen, so dass beide sehenden Auges und bei vollem Bewusstsein lieber den gemeinsamen Tod wählen und den Platz im Rettungsboot Jüngeren überlassen. Alle Personen und kleineren Geschichten nun hier aufzuführen würde sicherlich den Rahmen sprengen. Eindrucksvoll in Erinnerung bleiben aus dem 25köpfigen stimmig besetzten Ensemble auch Wendy Ferguson als Passagieren der 2. Klasse, die stehts die Nähe zu den Reichen und Berühmten sucht, Lucie-Mae Summer als Kate McGowan, die sich an Bord in den gutaussehenden Landsmann Jim Farrell verliebt und James Gant als Schiffssteward der ersten Klasse. Ein Highlight des Musicals sind zudem die vielen Chorstücke, die sehr stimmgewaltig daherkommen. Bei „Godspeed Titanic“ stellen sich gleich zu Beginn einige Gänsehautmomente ein. Nach dem eindrucksvoll inszenierten Zusammenstoß mit dem Eisberg zum Ende des ersten Aktes, widmet sich der deutlich kürzere zweite Akt dem unvermeidlichen Verlauf der Dinge hin zur Katastrophe. Beeindruckend hierbei vor allem „The Blame“ bei dem sich Mr. Ismay, Mr. Andrews und Kapitän Smith gegenseitig die Schuld am Unglück geben.

Das Bühnenbild ist recht einfach gehalten mit einem großen Rahmen aus Metall, in dem durch eine verschiebbare Treppe weitestgehend das Geschehen am Schiff auf mehreren Ebenen dargestellt wird. Umso detailreicher dagegen die vielen Kostüme von David Woodhead, die schön der damaligen Zeit angepasst sind und vor allem die Mehrklassengesellschaft gut darstellen. Unterstützt wird das Bühnenbild durch ein gelungenes Lichtdesign von Howard Hudson bei dem der Bühnenraum beispielsweise im unteren Getrieberaum durch einen in rot schimmerndem Rauch dargestellt wird. Auch musikalisch weiß diese Tour zu gefallen. Zum Ende gibt es daher zu Recht großen Applaus des Publikums und schnelle Standing Ovation des gesamten Saales, bei dem auch das ein oder andere Tränchen floss. Nicht zuletzt auch durch die Würdigung aller Opfer des Untergangs auf einer großen Gedenktafel als Schlussbild dieses wunderbaren Musicalabends. Zu sehen ist das Musical Titanic noch bis zum 28. Juli 2019 in der Kölner Philharmonie, ein Besuch dieser gut klimatisierten Spielstätte lohnt sich auch trotz der sommerlichen Hitze draußen. Ein letzter Tour-Stopp ist anschließend noch vom 30. Juli bis 04. August 2019 im Mannheimer Nationaltheater angesetzt. Absolute Besuchsempfehlung.

Markus Lamers, 25.07.2018
Fotos: © Scott Rylander