Dresden, Konzert: „Deutsche Kammerphilharmonie Bremen“ featuring Martin Grubinger

Seit den Musikfestspielen des Jahres 2012 war Martin Grubinger eine feste Größe im Festival- Programm. Besonders gern erinnert man sich in der Stadt an seine Uraufführung des „Konzertes für Schlagzeug und Orchester“ des türkischen Komponisten und Pianisten Fazil Say mit der Philharmonie im März 2019. Der Ausnahme-Perkussionist, der vor wenigen Tagen seinen vierzigsten Geburtstag begangen hatte, wird mit dem Ende der Saison seine Podiumskarriere beenden. Zum Abschied von seinen Dresdner Anhängern war er mit seiner gewaltigen Ausrüstung sowie fünf weiteren Schlagzeugern am 6. Juni 2023 in den Kulturpalast gekommen. Beginnend mit den „Speaking Drums“ des Peter Eötvös zu den Marimba-Boobams aus Fazil Says Opus 77 bis zu den „The Bells“ von Daníel Bjarnason hatte er für das Konzert ein Kaleidoskop seines Repertoires vorbereitet, ohne dass er dabei einen besonderen Spannungsbogen aufspannen wollte.

© Oliver Killig

Für den von Bruckner und Mahler Gestählten war es ein ungewohntes Bild auf dem Podium des Dresdner Kulturpalastes. Vor der uns seit ihrer Residenzorchesterzeit beim „Kissinger Sommer“ vertrauten Truppe der Bremer Kammerphilharmonie war eine regelrechte „Schießbude“ aufgebaut. Auf der Bühne entwickelte sich eine begeisternde Percussions-Party. Grubinger mit seinen Partnern, Tarmo Peltokoski und die Bremer Philharmoniker ließen durch ihre sichtbare Spielfreude die Funken überspringen. Was die Konzertbesucher als einen Klangstrom ineinandergreifenden Rhythmen wahrnahmen, forderte von den Schlagzeugern präzises Zusammenspiel und immense Energie. Die Musiker des Orchesters lösten die für sie ungewohnte Aufgabe hervorragend, harmonierten fantastisch mit dem Dirigenten und vor allem mit dem hin und her hetzenden Solisten. Wie eine Naturgewalt sprang Grubinger von den Bongos zur Marimba, zu den Glocken und bewegte mit Kraft, Präzision beziehungsweise Sensibilität seine Instrumente, entfaltete einen überwältigenden Klang und Assoziationsreichtum. Die Zusammenstellung des Konzertes bot hervorragende Möglichkeiten für Grubingers virtuose Extremleistungen, begeisterte aber auch mit seiner Kombination von Rhythmik und Melodiösem. Scheinbar mühelos reihten sich atemberaubende Soli-Trommelgewitter aneinander und erzeugten bei aller Unterschiedlichkeit der Kompositionen einen geschlossenen Eindruck.

© Oliver Killig

Beim Einhören vor dem Konzertbesuch hatte uns YouTube zu einer der Kompositionen die Partitur eingeblendet, so dass wir zumindest ansatzweise eine Vorstellung von der Entwicklung der faszinierenden Wirkung Grubingers erhielten. Martin Grubinger wird in den kommenden Jahren mit Sicherheit bei den Musikfestspielen vermisst werden.

Zu einer Erstbegegnung im Konzert kam es für uns mit dem 23-jährigen ersten Gastdirigenten der Bremer Kammerphilharmonie Tarmo Peltokoski. Nach den Vorabinformationen aus dem Orchester war keine Überraschung mehr, was der junge Finne auf dem Podium zauberte, als er als Zwischenspiele, mit seinen Bremern Zoltán Kodálys (1882-1967) „Tänze aus Galanta“ und Claude Debussys (1862-1918) Vorspiel zu „Nachmittag eines Fauns“ aufführte. Seine akzentuierte Zeichengebungen, seine Hinwendung zu den Musikern war faszinierend.

Thomas Thielemann, 8. Juni 2023


Musikfestspiele Dresden-Kulturpalast am 6. Juni 2023

Abschiedskonzert des Percussionisten Martin Gubinger

Solist: Martin Grubinger

Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

Dirigent: Tarmo Peltokoski