Mönchengladbach, Ballett: „Tschaikowskys Träume“, Robert North

© Matthias Stutte

Am Theater Mönchengladbach feierte am Wochenende ein neuer Ballettabend Premiere, der dem Leben des Komponisten Peter Iljitsch Tschaikowsky gewidmet ist. Der Abend reiht sich damit in eine erfolgreiche Serie ein, denn bereits mit Beethoven! und Mata Hari hat das Theater das Leben berühmter Persönlichkeiten durch die Ballettcompagnie eindrucksvoll auf die Bühne gebracht. Auch wenn Robert North diese Choreografie bereits 2008 in seiner ersten Spielzeit als Ballettchef am niederrheinischen Gemeinschaftstheater kreiert hat, so fügt sich dieses Werk doch wunderbar in die Reihe der zuvor genannten Stücke ein. Dieser Eindruck wird vielleicht auch dadurch verstärkt, dass sich in allen drei Balletten die renommierte Bühnen- und Kostümbildnerin Luisa Spinatelli für die gelungenen historischen Kostüme sowie die sehenswerten Vorhangbemalungen verantwortlich zeichnet.

© Matthias Stutte

Anstatt sich einem der großen und bekannten Tschaikowsky-Ballette anzunehmen, nähert sich North dem russischen Komponisten auf seine ganz eigene Weise, indem er in knapp zwei Stunden (inklusive Pause) wichtige Stationen aus dessen Leben nachzeichnet. Die Trennung von seiner geliebten Mutter und ihr früher Tod, seine Jugend in St. Petersburg und schließlich seine Entscheidung für die Musik bilden den Kern des ersten Aktes. Die Begegnung mit der Sängerin Désirée Artot, die unglückliche Ehe mit Antonina Miljukowa und die langjährige Brieffreundschaft mit Nadeshda von Meck sind weitere wichtige Elemente des Abends. Ein gelungener Kunstgriff ist die Idee, dem Komponisten in der nicht realen Figur des Schicksals eine Art ständigen Begleiter an die Seite zu stellen, der immer wieder lenkend in den Lauf der Dinge eingreift. Auch Tschaikowskys Homosexualität wird so geschickt angedeutet, ohne sie explizit zu thematisieren. Alessandro Borghesani (Tschaikowsky) und Marco A. Carlucci (Schicksal) überzeugen hierbei im rein männlichen Pas de deux. Tamino Schwindt zeigt uns Tschaikowsky als Kind während Francesco Rovea den jungen Komponisten darstellt. Die wichtigen Damenrollen werden von Victoria Hay (Mutter), Flávia Harada (Désirée Artot), Teresa Levrini (Antonina Miljukowa) und Irene van Dijk (Nadeshda von Meck) eindrucksvoll dargestellt. Zudem überzeugt das gesamte Ensemble bei den immer wieder eingestreuten großen Tänzen des Abends.

© Matthias Stutte

Musikalisch wird auf die gesamte Bandbreite des kompositorischen Ideenreichtums Tschaikowskys zurückgegriffen. Der Abend beginnt mit ein Auszug aus der Oper Die Jungfau von Orléans, im zweiten Akt werden der Spanische Tanz und der Russische Tanz aus Schwanensee eingebunden, aber auch etwas unbekanntere Werke wie zum Beispiel das Wiegenlied aus Drei Liedtranskriptionen oder Die Krankheit der Puppe aus Kinderalbum finden an thematisch passenden Stellen ihren Platz in diesem Werk. Passend ist auch ein Auszug aus der Sinfonie Nr. 6, die in diesem Fall den Abschluss des Abends bildet, jenem Werk welches nur wenige Tage vor Tschaikowskys Tod uraufgeführt wurde. Musikalisches Highlight des Abends ist allerdings unstrittig der 1. Satz aus dem Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll, bei dem die unter dem Dirigat von Sebastian Engel ohnehin stark aufspielenden Niederrheinischen Sinfoniker am Flügel von André Parfenov unterstützt werden. Musikalisch bietet der Abend somit ebenfalls einen „Traum“, um im Bilde des Titels zu bleiben, der lediglich durch einen nicht weiter definierbaren und mit rund 15 Minuten extrem langen und nervigen Alarm- oder Klingelton bei der Premiere leicht getrübt wurde. Am Ende gab es lang anhaltenden, lautstarken Applaus für die Tänzer und Musiker des Abends vom Premierenpublikum im nahezu ausverkauften Theatersaal.

Markus Lamers, 3. März 2024


Tschaikowskys Träume
Ballett von Robert North mit Musik von Peter I. Tschaikowsky

Theater Mönchengladbach

Premiere: 2. März 2024

Choreografie: Robert North
Musikalische Leitung: Sebastian Engel
Niederrheinische Sinfoniker

Weitere Aufführungen: 7. März / 31. März / 7. April / 17. April / 21. April / 3. Mai / 9. Mai / 25. Mai / 31. Mai / 21. Juni / 2. Juli