Gelsenkirchen: „Sweet Tragedies“

Ein überzeugender Abend starken Tanztheaters

Einen starken Ballettabend zeigt Bridget Breiner s „Ballett im Revier“ mit „Sweet Tragedies“. Die Ballettchefin präsentiert sich hier nicht nur als Choreographin, sondern auch als Tänzerin und hat sich mit Kevin O´Day und Marco Goecke zwei starke Gastchoreographen ans Haus geholt.

Mit der Uraufführung „With the lights“ eröffnet der Mannheimer Ballettchef Kevin O´Day den Abend. Zu dem Perkussionsstück „Dark Full Ride“ von Julia Wolfe entwickelt O´Day eine rasante Bewegungsabfolge. Arme und Beine werden in die Luft geworfen, wenn es darum geht die Energie der Musik in Bewegung umzusetzen. Manchmal hat dieses Stück in seiner Artistik auch eine Hip-Hop-Attitüde. Ayako Kikiuchi und Bridget Breiner dominieren das Geschehen, Hugo Mercier und Junior Demitre assistieren ihnen dabei oder setzen tänzerische Kontrapunkte.

In „The Tragedies Of Othello“ zeigt Bridget Breiner ihre konzentrierte Sicht auf den berühmten Shakespeare-Stoff. Den Rahmen bilden reflektierende Passagen zur Musik von Henryk Micolai Górecki, in denen Valentin Juteau einen düsteren Jago gibt oder Order R. Chacon als Othello und Rita Duclos noch einmal liebevoll ihre Beziehung aufarbeiten. Die reine Nacherzählung der Geschichte beschränkt sich auf den Mittelteil mit Musik von Pablo De Sarasate. Chacon ist ein liebevoller, aber stolzer Othello und Duclos eine anmutig-zarte Desdemona. Nora Brown tanzt eine temperamentvolle Emilia und José Urrutia gibt den Cassio als naiven Jüngling.

Zum Abschluss gibt es mit „Sweet Sweet Sweet“ einen Klassiker von Marco Goecke. Hunderte von schwarzen Luftballons bilden das Bühnenbild, in dem sich zwölf Tänzer tummeln. In seinem Materialcharakter, der dann natürlich auch die Bewegungsabläufe beeinflusst, erinnert dieses Bühnenbild an die Landschaften die Peter Pabst in Wuppertal für Pina Bausch aus Wasser, Erde oder Sand entworfen hat.

Rasante Arm- und Handbewegungen prägen dieses Stück. Viele kleine Szenen folgen hier aufeinander, bleiben ebenso vieldeutig wie faszinierend. Zum Schluss lässt Goecke erst mehrere Paare durch die Ballons tanzen, bevor dann Windmaschine das Bühnenbild aufwirbelt, Wege und Hügel entstehen lassen und die Ballons auch in den Zuschauerraum weht.

Das Publikum im kleinen Haus des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier zeigt sich begeistert von diesem Abend, besonders viel Beifall gibt es für Kevin O´Day und Marco Goecke. Auch wenn nachvollziehbar ist, dass dieser Abend aufgrund der kleinen Besetzung als Kammerballett im kleinen Haus gezeigt wird, dieses Programm könnte mit seiner Energie durchaus das große Haus ausfüllen.

Rudolf Hermes 10.5.15

Bilder: MiR