Die Autoren der letzten beiden Reisebilanzen haben kein Blatt vor den Mund genommen und neben viel Lob auch einigen Tadel ausgesprochen. Der Autor unserer dritten und letzten Reisebilanz behält seinen Tadel für sich. Stattdessen hat er ein Ranking der zehn besten Produktionen erstellt. Heute also keine Flops, sondern ausschließlich Tops. Der Schwerpunkt liegt auf der Schweiz. Von den deutschen Häusern hat es dem Kritiker die Oper Frankfurt angetan.
1. Frankfurt:
Wagners Tannhäuser. Atemberaubende Regiearbeit (für mich die ultimative Tannhäuser-Erfahrung), exzellentes Ensemble und Thomas Guggeis am Pult mit grandiosem Spannungsaufbau.
2. Genf:
Donizettis Tudor-Trilogie. Die sängerischen Leistungen von Elsa Dreisig, Stéphanie D’Oustrac und Edgardo Rocha, welche je drei Hauptpartien innerhalb von fünf Tagen in Anna Bolena, Maria Stuarda und vor allem im alles krönenden Roberto Deveureux. Die stimmige Regiearbeit von Mariame Clément rundete das Ganze vorzüglich ab.
3. Zürich:
Puccinis La Rondine, Ermonela Jaho und Benjamin Bernheim glänzten in der klugen szenischen Arbeit von Christof Loy.
4. St. Gallen:
Uraufführung von Pickers Oper Lili Elbe – thematisch relevant (transgender) und eine zeitgenössische Musik, die verblüffend „schön“ klingt.
5. Frankfurt:
Rimsky-Korsakows Die Nacht vor Weihnachten (Wiederaufnahme). Ein Wunder, schlicht perfektes Musiktheater.
6. Bern:
Hermans La cage aux Folles. Christoph Marti und Tobias Bonn in der klugen, mitreissenden Inszenierung von Axel Ranisch.
7. Frankfurt:
Zemlinskys Der Traumgörge, einmal mehr eine sehens- und hörenswerte Ausgrabung der Frankfurter Oper.
8. Frankfurt:
Haléviys La Juive, spannend umgesetzte Grand-Opéra.
9. Zürich:
Wagners Götterdämmerung, Homokis Regiearbeit im gesamten Ring des Nibelungen war solide, sehr eng am Text, für mich etwas zu wenig relevant oder frech, aber die Rollendebüts von Camilla Nylund (Brünnhilde) und Klaus Florian Vogt (Siegfried) waren Klasse!
10. Zürich:
Massenets Werther (Wiederaufnahme); Benjamin Bernheim in der Titelrolle und Giedrė Šlekytė am Pult bescheren Gänsehaut und Tränen.
Es reiste für Sie Kaspar Sannemann.