Mannheim: „Tosca“

besuchte Vorstellung am 09. Juni 2019

Im Jahr 1994 gab es in Mannheim eine begeisternd aufgenommene Premiere von Puccinis Tosca. Eine großartige Besetzung mit Maria Slavkova (unvergessen, leider so früh verstorben), Ki-Chun Park als Mario und der vielseitige Kammersänger Allan Evans als Scarpia (inzwischen auch verstorben). Die Mannheimer haben die klug erzählende Inszenierung von Renate Ackermann schnell ins Herz geschlossen. Beeindruckend sind die hohen und tief gestaffelten Räume des Bühnenbildes von Hans-Martin Scholder, die gut das Bedrückende und die Kälte des Polizeistaates versinnbildlichen. Zu sehen ist ein hoher Bühnenraum, der hinten durch eine hoch gezogene Betonwand begrenzt ist. Rechts und links rahmen hohe Betonwände mit Fensteraussparungen den Raum ein. Lediglich im dritten Akt ist die Rückseite offen, so dass das Morgengrauen in einer schönen Lichtstimmung zu erleben ist. Befremdlich ist nach wie vor das Ende in dieser Inszenierung. Tosca stürzt sich nicht zu Tode, sondern taumelt dem Bühnenhintergrund langsam entgegen, ohne dass sie daran gehindert würde…..

In der aktuellen Wiederaufnahme sang Elisabeth Teige die Titelpartie. Sie zeigte vor allem ein Portrait der liebenden, leidenschaftlichen Frau. Die Primadonna trat bei ihr völlig in den Hintergrund. Mit viel Engagement betonte sie das Natürliche des Rollencharakters. Dazu passte es auch, dass ihr Gesang die große musikalische Geste eher verweigerte. Und doch konnte ihre Stimme alle Herausforderungen souverän bedienen. So geriet vor allem das „Vissi d‘arte“ besonders anrührend. Lediglich in den sehr knapp gesungenen hohen C‘s war zu erkennen, dass die Tosca für sie noch eine neue Partie ist.

An ihrer Seite agierte der albanische Tenor Adrian Xhema als Cavaradossi. Sein solider Tenor erreichte mühelos alle geforderten Töne. Leider mangelte es der Stimme an Größe und Schmelz, um wirklich zu begeistern. Auch in der dynamischen Gestaltung bewegte er sich eher eindimensional zwischen Mezzoforte und Forte. So klangen dann Passagen, wie „O dolci baci“ durch fehlende Pianofärbungen sehr beiläufig. Als Rollencharakter wirkte er zuweilen abwesend und wenig leidenschaftlich.

Eine sehr gute Wahl war Evez Abdulla als Scarpia. Sogleich bei seinem Auftritt zog er die Aufmerksamkeit auf sich. Das saß jede Geste, jeder Blick. Völlig eins mit seiner Rolle blieb er der schillernden Figur des Scarpias keine Facette schuldig. Dazu kam seine mühelose stimmliche Bewältigung, die sich in einem völlig souverän gesungenen TeDeum zeigte. Beispielhaft auch seine kluge und erkennbar durchdachte Textarbeit. Jeder Nuance spürte er nach und akzentuierte dazu seine Worte mit äußerstem Nachdruck, wenn es gefordert war. Eine beeindruckende Leistung!

Die übrigen Nebenrollen konnte das Nationaltheater Mannheim wieder treffend besetzen. Besonders hervorzuheben ist der ungemein intonationssichere Knabensopran von Fridolin Bosse als Hirte. Als Angelotti gefiel Dominic Barberi mit kräftiger Stimme, ebenso wie Marcel Brunner als pointierter Mesner. Spoletta wurde von Christopher Diffey als hellwacher, intriganter Scherge gut getroffen.

Dani Juris hatte seinen Chor und Kinderchor sehr gut vorbereitet, so dass sich die Zuhörer über ein klangmächtiges TeDeum freuen konnten.

GMD Alexander Soddy am Pult des Orchesters des Nationaltheaters ließ sehr beherzt aufspielen. Dabei scheute er nicht die große Klanggeste und die notwendige Drastik, gerade in der Folterszene. Das Erwachen des Tages auf der Engelsburg geriet geradezu impressionistisch und wurde von ihm sensibel ausgehört. Besonders lobenswert ist seine perfekte Sängerbegleitung. Sehr genau atmete er jede Phrase seiner Protagonisten mit, so dass diese sich in ihren Kantilenen bestens entfalten konnten.

Das hoch motivierte Orchester des Nationaltheaters zeigte wieder einmal seine große Klasse und die stilistische Bandbreite. Das Blech trumpfte herrlich auf und vor allem die Celli und das voraus gegangene Solo der Klarinette im 3. Akt gefielen sehr. Und die Mannheimer Schlagzeuger sind in ihrer rhythmischen Genauigkeit und den deutlichen Akzenten eine Klasse für sich.

Das Publikum im sehr gut besuchten Nationaltheater zeigte sich völlig begeistert.

Dirk Schauß 11.6.2019

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